Der Tag startete wieder mit einem Wettbewerbsbeitrag. Diesmal stand einer meiner Favoriten auf dem Programm, Jagten (The hunt) von Thomas Vinterberg. Vinterberg ist der dänische Regisseur, der im Jahr 1995 zusammen mit Lars von Trier und einigen anderen Regisseuren die Dogma-Bewegung gründete. In ihrem Manifest legten sie fest, fortan bei ihren Filmen auf künstliches Licht, eingespielte Musik u.ä. verzichten zu wollen, denn das sei nicht authentisch. Bereits mit seinem ersten Dogmafilm Festen (Das Fest) war Vinterberg in Cannes im Wettbewerb vertreten und wurde mit dem Preis der Jury ausgezeichnet. Da ich die Dogma-Regisseure recht gerne mag (auch wenn sie sich recht bald zumindest teilweise von ihrem Manifest distanziert haben), war ich dann auch entsprechend gespannt auf Vinterbergs neuestes Werk.
Es geht um den Grundschullehrer Lucas, der keinen Job als Lehrer finden konnte und nun im Kindergarten seines kleinen Heimatortes eine Anstellung gefunden hat. Die Kinder lieben ihn und er fühlt sich wohl in der Dorfgemeinschaft. Insbesondere die fünfjährige Klara himmelt Lucas an und küßt ihn eines Tages während einer spielerischen Rangelei auf den Mund. Lucas stellt das Kind zur Rede und weist sie zurecht, Küsse auf den Mund seien "nur für Mama und Papa". Die Kleine macht daraufhin gegenüber der Kindergärtnerin eine Bemerkung, welche diese aufhorchen läßt, deutet doch alles auf sexuellen Mißbrauch hin. Sie informiert einen Psychologen und später sämtliche Eltern. Lucas wird suspendiert und die Maschinerie gerät ins rollen. Als Zuschauer wissen wir, daß Lucas unschuldig ist. Und doch kann er der Situation nicht entkommen. Als Klara merkt, welchen Rattenschwanz an Reaktionen sie hervorgerufen hat, versucht sie mehrfach, den Irrtum aufzuklären. Doch ihre besorgte Mutter interpretiert die Versuche ihres Kindes als Verdrängung und so geht das Spießrutenlaufen für Lucas weiter. Einziger Halt in der unerträglichen Situation sind sein Sohn und ein guter Freund, welche standhaft zu ihm stehen und sich auch von den übrigen Dorfbewohnern nicht von ihrer Überzeugung abbringen lassen, daß Lucas unschuldig ist.
Jagten ist sicher ein lohnenswerter Film mit guten Darstellern. So richtig viel Neues fügt er der Thematik jedoch nicht hinzu, so daß ich den Film leider ein wenig enttäuscht verließ. Dennoch ist dieser Film für mich einer der stärkeren des diesjährigen Wettbewerbs.
(AP)