Cannes Blog - Der Wettbewerb

Cannes 2009 - Eindrücke zum Wettbewerb von RDL-Korrespondentin Angelique

Nach den Blogs von '35 Millimeter'-Redakteur Alex nun noch ein Bericht von unserer '35 Millimeter'-Redakteurin Angelique, die den Wettbewerb um die goldene Palme wie folgt zusammenfasst:

werbewand_almodovarMein persönlicher Favorit ist bisher "Los Abrazos rotos" vom spanischen Regisseur Pedro Almodóvar, in dem erneut Penelope Cruz die weibliche Hauptrolle spielt (Alex berichtete). Der Film erinnert von seiner Struktur, seiner Erzählweise her an "La mala educación". Wieder handelt es sich um einen recht verschachtelte Geschichte, diesmal über

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Cannes 2009 - Eindrücke zum Wettbewerb von RDL-Korrespondentin Angelique

Nach den Blogs von '35 Millimeter'-Redakteur Alex nun noch ein Bericht von unserer '35 Millimeter'-Redakteurin Angelique, die den Wettbewerb um die goldene Palme wie folgt zusammenfasst:

Mein persönlicher Favorit ist bisher "Los Abrazos rotos" vom spanischen Regisseur Pedro Almodóvar, in dem erneut Penelope Cruz die weibliche Hauptrolle spielt (Alex berichtete). Der Film erinnert von seiner Struktur, seiner Erzählweise her an "La mala educación". Wieder handelt es sich um einen recht verschachtelte Geschichte, diesmal über

einen Filmemacher, der etwas mit einer Frau
anfängt, von der er besser die Finger gelassen hätte. Wie üblich bei
Almodóvar bietet der Film eine tolle Ausstattung neben der wirklich
brillant erzählten Geschichte und großartigen Darstellern. Man darf
gespannt sein, ob es Almodóvar diesmal gelingt, die begehrte Palme mit
nach Hause zu nehmen.

"The Imaginarium of Doctor Parnassus" lief zwar im Lumière, d.h. DEM
Kino (das heißt, man brauchte eine Einladung), aber nicht im
Wettbewerb sondern außer Konkurrenz. Das Besondere an diesem Film
ist, daß es der letzte ist, in dem Heath Ledger mitgespielt hat.
Während der Vorstellung habe ich mich des öfteren gefragt, was Terry
Gilliam während des Drehs geraucht hat. Der Film ist ein Potpourri
bunter, phantastischer (im Sinne von phantasievoll) Bilder, die
Geschichte läßt allerdings zu wünschen übrig. Alles in allem sicher ein
netter Film, der durchaus Spaß gemacht hat (insbesondere die Szenen mit
Johnny Depp!), aber keiner, den man unbedingt gesehen haben muß.

antichrist
antichrist
Ein Film, den man sich auf jeden Fall besser
sparen sollte, ist Antichrist, neuestes Werk vom dänischen Enfant
Terrible Lars von Trier. Sicher, Charlotte Gainsbourgh verdient allein
für ihren Mut die Palme als beste Darstellerin, wobei sie die
schwierige Rolle auch noch verdammt gut gespielt hat, der Film ist aber
meiner Meinung nach nur gemacht worden, um zu provozieren. Denn das tut
er nicht zu knapp. Der Inhalt ist schnell erzählt: Ein Paar verliert
sein Kind, weil der Kleine sich aus dem Babybett befreit und aus dem
Fenster stürzt, während das Paar sich dem Liebesspiel hingibt. Dieser
Prolog ist in beeindruckenden, sehr ästhetischen Bildern erzählt. Es
kommt, wie es kommen muß, die Mutter verkraftet den Tod des einzigen
Kindes nicht und der Vater fährt mir ihr in eine einsame Hütte im Wald,
um ihr die Trauerarbeit zu erleichtern. Statt zur Ruhe zu kommen, dreht
die ganze Geschichte allerdings in einen sado-masochistische
Verstümmelungsorgie ab, welche definitiv nichts für Zartbeseitete ist.
Da dem Film noch dazu jegliche Aussage fehlt (ich habe dazu leider kein
schlaues Zitat von von Trier), verschwendet eure Zeit lieber nicht mit
dem Mist und seht euch gute Filme an.

Ein Film mit Aussage, der aufrüttelt, ist "The
silent Army", den ich heute morgen im "Certain Regard" (eine von drei
Reihen hier in Cannes) gesehen habe. Der Film thematisiert die
Verschleppung von Kindern in Afrika, die dazu gezwungen werden, als
Kindersoldaten zu arbeiten. Die Geschichte ist an manchen Stellen
vielleicht nicht ganz sauber erzählt. Insbesondere fragt man sich am
Ende, wie der Hauptdarsteller es geschafft hat, mit einer beinahe schon
kindlichen Naivität und einer Ignoranz für die politischen
Gegebenheiten seinen Arsch doch noch zu retten, aber der Film bewegt.
Und das ist es, was der Regisseur wollte. Er wollte eine
Öffentlichkeit. Er, der selber 14 Jahre seines Lebens in diversen
afrikanischen Ländern gelebt hat, hat sich 10 Jahren geschworen, diesen
Menschen, diesen Kindern eine Stimme zu verleihen. Das ist ihm
gelungen. Und ich wünsche ihm, daß der Film in vielen Ländern gezeigt
werden wird. Er hat es verdient.

(Fotos von Alex Sancho-Rauschel)