Beim jüngsten Kentern eines Flüchtlingsboots vor der libyschen Küste sind vermutlich über 900 Menschen gestorben. Nach Angaben eines Überlebenden wären 950 Menschen an Bord gewesen. Bislang waren die Berichte von 700 Insassen ausgegangen. Nur 28 Überlebenden konnten geborgen werden. Damit sind seit Januar 2015 über 1500 Flüchtlinge zwischen Libyen und Italien ertrunken.
Anlässlich des Unglücks beraten die EU-Aussenminister heute über die politischen Folgen dieses Dramas. Die EU-Kommission erklärte sich zutiefst traurig über die Tragödie, sprach von einer moralischen und humanitären Pflicht der EU zu handeln, und kündigt eine Europäische Migrationsstrategie für Mitte Mai an. Es geht ihr um die Bekämpfung von Menschenhandel und Schleppern, um die Bekämpfung der Fluchtgründe, und schliesslich darum, dass Herkunfts- und Transitländer die MigrantInnen davon abhalten, in die EU einzureisen. Die Zaunkomplexen an den EU-Aussengrenzen und die strenge Migrationspolitik, die Flüchtlinge und MigrantInnen auf illegale und unsichere Einreisewege zwingen, erwähnt die Kommission überhaupt nicht als Ursache der Dauerkatastrophe im Mittelmeer.
Der EU-Parlamentspräsident und Sozialdemokrate Martin Schulz kritisiert die niedrige Finanzierung für Rettungseinsätze als Schande. Griechenland und Italien fordern ein Krisentreffen der Staats- und Regierungschefs aller EU-Mitgliedstaaten zu diesem Thema.