AKW Mochovce: UmweltschützerInnen zeigen slowakische Atomaufsicht bei Kripo an

AKW Mochovce: UmweltschützerInnen zeigen slowakische Atomaufsicht bei Kripo an

Die slowakische AKW-Pannenbaustelle von Reaktor 3 des AKW Mochovce ist um einen Bauskandal reicher: Zuletzt sorgte ein weitreichender Fälschungs-Skandal um minderwertige Rohrleitungen der Betreibergesellschaft für Aufsehen. Recherchen der österreichischen Umwelt-Organisation 'Global 2000' haben nun aufgedeckt, daß die slowakische Atomaufsicht von dem Problem wußte – und lange nicht handelte. Dies hat nun eine Anzeige bei der Kripo zur Folge.

Beim dem im Bau befindlichen AKW-Reaktor Mochovce 3 läge die Vermutung nahe, bei der jahrelange Reihe von Pannen und Bauskandalen könne kaum ein Bauteil ausgelassen worden sein. Doch nun ist die Liste der Skandale erneut länger geworden: Ein tschechisches Bauunternehmen lieferte der AKW-Baustelle minderwertige Rohrleitungen aus rostanfälligem Stahl. Diese Rohre wurden nicht irgendwo verbaut, sondern unter anderem im Kernstück des Reaktors und im Primärkreislauf. Obwohl die Probleme mit den verbauten Rohren immer noch nicht behoben sind, wurde in der vergangenen Woche (7. KW) die Inbetriebnahme des Reaktors für den 3. März angekündigt.

Recherchen von 'Global 2000' haben nun ergeben, daß die slowakische Atomaufsichtsbehörde sehr rechtzeitig über die mangelhaften Rohrleitungen informiert war – und nicht einschritt. Die tschechische Atomaufsichtsbehörde entdeckte den Betrug der tschechischen Baufirma und informierte umgehend die Kolleginnen und Kollegen in der Slowakei: In der AKW-Lieferkette habe man rostanfälligen Stahl und gefälschte Dokumente entdeckt. Durch Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz an die tschechische Atomaufsicht kann 'Global 2000' belegen, daß dies bereits am 5. März 2019 passierte. Doch die slowakische Atomaufsicht schritt nicht ein. Erst ein Jahr später handelte die Behörde, nachdem zufällig eine andere Baufirma auf der AKW-Baustelle Mochovce 3 die minderwertigen Rohrleitungen entdeckte.

"Die uns vorliegenden Belege zeichnen leider ein Bild des völligen Kontrollversagens: Die slowakische Atomaufsicht handelte trotz Warnungen ihrer Partner nicht und unterließ wissentlich und bewußt die Kontrolle der sicherheitskritischsten Teile des Atomreaktors," sagt 'Global-2000'-Geschäftsführerin Agnes Zauner. "Deshalb haben wir Anzeige bei der slowakischen Kripo gegen die slowakische Atomaufsicht erstattet."

"Über 50.000 potenziell rostanfällige Rohrleitungen wurden in Reaktor 3 des AKW Mochovce verbaut, wie uns am Bauprojekt beteiligte Atomingenieure berichten. Unsere Recherchen zeigen, daß davon überhaupt nur ein sehr kleiner Teil, nämlich 7962 Rohrleitungen untersucht wurden, nachdem die Mängel bei den Rohren festgestellt wurden. 3410 wurden auf ihre chemischen Materialeigenschaften untersucht, 61 Fälle von "Material-Konfusion" und 293 von "Abweichungen vom Standard" wurden entdeckt - nur 12 Rohrleitungen wurden tatsächlich ausgewechselt. Die anderen 4552 Rohrleitungen "wurden durch eine Computer-Bewertung" analysiert.

Die slowakische Atomaufsicht scheint damit zufrieden zu sein: "Es kann mit absoluter Sicherheit davon ausgegangen werden," daß keine weiteren Leitungen untersucht werden müssten ("it can be assumed with absolute certainty"). Ein uns von Whistleblowern zugespielter, fünf Monate alter interner Schadensbericht vom Reaktor sagt jedoch etwas anderes: "Das Dokument belegt starke Rostschäden aufgrund von korrosionsanfälligem Stahl im Primärkreislauf," so Agnes Zauner.

Fotos zeigen das Außmaß der Mängel:

Mochovce 3_Foto_Rostschäden

Foto: Ablagerungen auf dem Rahmen des Absperrschiebers

Mochovce 3_Foto_Rostschäden3

Foto: Auskristallisierte Borsäure auf dem Absperrschieberahmen des Transportkanals


Trotz dieser ungelösten offensichtlichen Sicherheitsrisiken in Reaktor 3 des AKW Mochovce, erteilte die slowakische Atomaufsicht am 24. Januar 2022 die Betriebserlaubnis. Der Reaktor soll am 3. März in Betrieb genommen werden.
 
'Global 2000' fordert die österreichische Bundesregierung auf, einzuschreiten. Wie im Regierungsprogramm vorgesehen sollte die Bundesregierung jetzt – vom Bundeskanzler abwärts – entschlossen für eine neue Prüfung der Anlage eintreten.