BUND, ausgestrahlt und BBMN fordern sofortige Stilllegung des AKW Neckarwestheim

BUND, ausgestrahlt und BBMN fordern sofortige Stilllegung des AKW Neckarwestheim

Der BUND Baden-Württemberg, die Anti-Atom-Organisation '.ausgestrahlt' und der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V. (BBMN) haben heute (19. Juni 2020) bei einer Pressekonferenz die sofortige Stilllegung des AKW Neckarwestheim gefordert. Der aktuelle Grund hierfür ist, daß die Dampferzeuger irreversibel geschädigt sind.

Hilfsweise wird das baden-württembergische "Umwelt"-Ministerium als Atomaufsichts-Behörde in dem vorliegenden Antrag aufgefordert, den Betrieb des AKW Neckarwestheim mit geschädigten beziehungsweise vorgeschädigten Dampferzeugern unverzüglich zu untersagen und die Beseitigung des gegenwärtigen Zustands durch Austausch der Dampferzeuger vor einer erneuten Betriebsaufnahme anzuordnen (§ 19 Abs. 3 AtG) sowie die nachträgliche Auflage zu erlassen, daß ein Betrieb nur mit intakten Dampferzeugern gestattet wird (§ 17 Abs. 1 S. 3 AtG).

In den vom radioaktiven Wasser aus dem Reaktorkern durchströmten Rohren der Dampferzeuger bilden sich seit vielen Jahren immer neue, gefährlich schnell wachsende Risse. In mehr als 300 Rohren wurden bisher Risse entdeckt (Siehe unseren Artikel v. 26.10.18).

Armin Simon von '.ausgestrahlt' beschreibt die Gefahr: "Die Ursache der Spannungsrißkorrosion im AKW Neckarwestheim kann nicht behoben werden. Vielmehr können jederzeit neue gefährliche Risse entstehen. Ein Abriß nur eines einzigen der mehr als 16.000 Heizrohre kann bereits einen schweren Kühlmittelverluststörfall auslösen, der bis zur Kernschmelze führen kann, mit all ihren Katastrophenrisiken für Menschen und Natur. Das bloße Verstopfen einzelner Rohre, das EnBW bisher praktiziert, ist Flickschusterei. Es mißachtet sowohl die deutschen Sicherheitsanforderungen als auch weltweit anerkannte kerntechnische Sicherheitsstandards, wie die aktuelle Bewertung des renommierten Reaktorsicherheitsexperten Prof. Dr.-Ing. habil. Manfred Mertins belegt."

Da das baden-württembergische "Umwelt"-Ministerium unter Minister Franz Untersteller immer wieder die Augen vor dem Risiko verschlossen hat, haben sich der BUND Baden-Württemberg, die Anti-Atom-Organisation '.ausgestrahlt' und der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V. (BBMN) zusammen mit vier in der Nähe des AKW wohnenden Privatpersonen entschieden, einen Antrag auf sofortige Stilllegung des AKW - hilfsweise den Austausch aller vier Dampferzeuger zu stellen. Diesen haben sie heute (19. Juni 2020), zu Beginn der jährlichen Revision des Kraftwerks, abgegeben.

Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin des BUND Baden-Württemberg, erklärt die Beweggründe für den Antrag: "Die Dampferzeuger als zentrale Schnittstellen zwischen dem Reaktorkern und der nicht verstrahlten Seite des Atomkraftwerks sind unwiederbringlich geschädigt. Es existiert keine technische Möglichkeit, sie so zu reparieren, daß keine weiteren Risse mehr auftauchen können. Mit solchen Schäden ist ein Betrieb des AKWs aber rechtlich nicht zulässig. Das Umweltministerium muß dafür sorgen, daß die Schäden vor einer Wiederinbetriebnahme komplett behoben sind. Dies ist nur durch einen Austausch der Dampferzeuger möglich, den wir mit unserem Antrag fordern. Dies ist technisch möglich und wurde weltweit schon dutzendfach durchgeführt.

Da ein Austausch aber mit sehr hohen Aufwendungen verbunden ist, macht es höchstwahrscheinlich wirtschaftlich keinen Sinn mehr, das AKW überhaupt wieder ans Netz zu bringen."

Franz Wagner, Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V. (BBMN), erklärt: "Bürgerinnen und Bürger erwarten, daß das Umweltministerium als Aufsichtsbehörde sie bestmöglich vor den Gefahren der Atomkraft schützt. Tatsächlich liegen aber Selbstverständnis und Handeln der Atomaufsicht davon meilenweit entfernt. Dafür tragen der Minister und der Ministerpräsident die Verantwortung. So wie das AKW inzwischen alt, rissig und spröde ist und Probleme nur noch zugepflastert werden, so ist auch die Sicherheitskultur im Ministerium alt, träge und rissig geworden. Immer mehr Sicherheitsrabatte zeigen eine Korrosion und Erosion der Atomaufsicht. Der Umgang mit den Rissen der Heizrohre erschreckt uns. Wieder einmal muß die Atomaufsicht zum Jagen getragen werden."

Hintergrund

Am 19. Juni 2020 beginnt die jährliche Revision im Atomkraftwerk Neckarwestheim. Dabei werden unter anderem wieder die etwa 16.000 Rohre der vier Dampferzeuger überprüft. Allein bei der Revision 2019 wurden 209 Risse an 191 Rohren entdeckt. 90 davon (an 90 Rohren) waren 2018 übersehen worden. Der Rest entstand innerhalb eines Jahres neu. Auch offizielle Stellen befürchten, daß weitere Risse gefunden werden können, da die Ursache für die Korrosion nicht zu beheben ist. Die Dampferzeuger sind somit irreparabel geschädigt. Laut dem 2011 verkündeten Versprechen eines Atomausstiegs soll das AKW Neckarwestheim erst zum Ende des Jahres 2022 stillgelegt werden. Von den im Jahr 2011 noch in Betrieb befindlichen 9 Atom-Reaktoren wurden in 9 Jahren lediglich 3 stillgelegt.

Die versprochenen 6 weiteren Schritte bis zum Atom-Ausstieg wären:

zum Ende des Jahres 2021 die Stilllegung der 3 Atomkraftwerke

Brokdorf

Grohnde

und Gundremmingen

und zum Ende des Jahres 2022 die Stilllegung der 3 Atomkraftwerke

Emsland

Isar

und Neckarwestheim.

Der Weiterbetrieb des AKW Neckarwestheim mit defekten Dampferzeugern ist ein unverantwortliches Vabanque-Spiel mit der Sicherheit der Bevölkerung. Im Dienste von EnBW deckt dies der pseudo-grüne Minister Franz Untersteller. Und ebenso nimmt es der pseudo-grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Kauf, daß im Falle eines Super-GAU Hunderttausende zu Tode kommen und große Teile Deutschlands in Todeszonen verwandelt werden.