Nicht erst seit dem 7. Oktober macht die postkoloniale Linke immer wieder durch ein systematisches Identitätspostulat auf sich aufmerksam: Über die Behauptung historischer Kontinuitätslinien und Kausalitäten begreift sie die Verbrechen des Kolonialismus und die Shoah lediglich als verschiedene Erscheinungen eines Immergleichen. Wo sich postkoloniale Theorie mit dem Nationalsozialismus befasst, ist die Gleichsetzung von Herrschaft und Vernichtung ihr wesentliches Merkmal. Was nicht ins eigene „Narrativ“ passt – die Spezifik des Holocaust – wird mittels dieser Gleichsetzung passend gemacht. Patrice Schlauch setzts sich in seinem Vortrag kritisch mit den Thesen des Historikers Dirk Moses auseinander und zeigt auf, dass die Shoa keineswegs als bloßes Staatsverbrechen begriffen werden kann. Vielmehr muss das Wesen des Nationalsozialismus als ideologiegetriebene Transgression des Staates auf die Vernichtung hin bestimmt werden.
Patrice hielt den Vortrag am 27. Mai 2025 an der Uni Freiburg. Sein gleichnamiger Essay findet sich auf kritiknetz.de.