Gastbeitrag:Nach Anschlag auf Flüchtlinge spontane Kundgebung in Villingen

Gastbeitrag:Nach Anschlag auf Flüchtlinge spontane Kundgebung in Villingen

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Spontan-Demo Samstag 30.1.16 Villingen Schwenningen
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Jürgen Weber

*** Einige Hundert folgten Aufruf zu spontaner Kundgebung in Villingen *** Der fast 100-jährige Publizist Theodor Bergmann fordert mehr Menschlichkeit und Solidarität *** Bündnisdemonstration am kommenden Samstag, 6.2., 14 Uhr in Villingen ***

„Wir haben drei Geheimdienste und wer schützt die Flüchtlinge?", fragte der Stuttgarter Publizist Theodor Bergmann mit kräftiger Stimme einigen hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Villinger Innenstadt. Bergmann wird am 7. März 100 Jahre alt und war der Hauptredner einer spontanen Kundgebung am 30. Januar 2016 zu der das örtliche „Offene Antifaschistische Treffen", das Bündnis „VS ist bunt" und die Partei „Die Linke" aufgerufen hatten.

Am Vorabend meldete das Polizeipräsidium Tuttlingen und die Staatsanwaltschaft Konstanz in einer gemeinsamen Erklärung: Die kriminaltechnischen Untersuchungen in der Erstaufnahmestelle am Tatort in der Villinger Dattenbergstraße seien abgeschlossen. Nun ermittle eine etwa 70-köpfige Sonderkommission "Container". Alles konzentriere sich im Moment auf die Handgranate und den Splint. „Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen werden in alle denkbaren Richtungen geführt", so die Behörden.

Bergmann forderte die Zivilgesellschaft auf „nicht auf den Staatsapparat zu warten" um sich gegen die zu stellen, die „den Hass sähen". Diese wollten damit ihre rechtsradikalen Ziele verwirklichen. Aber nicht nur gegen Neofaschisten richtete sich der rüstige Mann mit klaren Worten: „Auch die Hetze aus Bayern muss aufhören". Die Menschen müssten sich jetzt nicht nur empören, sondern sich auch über Vorbehalte hinweg gemeinsam organisieren. In diesem Zusammenhang nannte er auf der Kundgebung die Gleichsetzung von „Rechts und Links" als eine der großen Geschichtslügen. Er als Linker stünde für die Menschen hier, für die Flüchtlinge, die bedroht werden. Am Ende seiner Rede forderte er Menschlichkeit und Solidarität.

Die Veranstalter warnten davor, dass „rechte Hetze immer mehr in die Mitte der Gesellschaft" rücke. Wohin das führt zeige sich in Villingen-Schwenningen wo der NPD-Funktionär Jürgen Schützinger seit rund 30 Jahren in kommunale Parlamente gewählt würde.

Die Tat steht in zeitlichem Zusammenhang mit der Festnahme des Neonazi Ralph-Thomas K. aus dem Raum Villingen-Schwenningen, Anfang Woche. K. wird vorgeworfen, als Administrator bei der neonazistischen Internet-Plattform „Altermedia" tätig gewesen zu sein. Die Meldung ging bundesweit durch die Medien. Als Reaktion auf die Festnahme von K. und weiteren Neonazis haben nach einer Meldung des „Schwarzwälder Boten" 17 Personen aus dem rechtsradikalen Lager am selben Tag eine halbstündige Kundgebung auf dem Marktplatz in Villingen abgehalten. Einige Tage später ereignete sich der Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft.

Kundgebung am Samstag, 6. Februar 2016, 14 Uhr Bahnhofsvorplatz, Villingen

Die Veranstalter kündigten eine Bündnisdemonstration für kommenden Samstag in Villingen an. Nach der spontanen Kundgebung zogen einige Teilnehmende zum Tatort vor die Unterkunft in der Dattenbergstraße um ihre Solidarität mit den geschockten Flüchtlingen zum Ausdruck zu bringen. In der Nacht auf Freitag wurde dort von Unbekannten eine scharfe Handgranate in den Innenhof der Flüchtlingsunterkunft geworfen. Sie detonierte nicht und wurde von Spezialisten der Polizei geordnet gezündet.

Autor: Jürgen Weber (http://www.juergenweber.eu/)