Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 zieht zum Ende der sechswöchigen Stammstreckensperrung eine ernüchternde Bilanz. Von den vollmundigen Versprechungen des DB-Infrastrukturvorstands Bertold Huber, die Unannehmlichkeiten für Fahrgäste zu verringern, blieb nichts übrig. Sperrungen und ausgefallene Züge gab es nicht nur auf der Stammstrecke, sondern im gesamten Netz.
Dieter Reichertert: „Sollte der Stuttgarter Kopfbahnhof aufgegeben werden, so drohen derartige Zustände als Folge der Mängel des Projekts Stuttgart 21 für alle Zeit. Das Aktionsbündnis unterstützt daher das Bürgerbegehren MEHR BAHNHOF = MEHR ZUKUNFT, mit dem der Fortbestand des Kopfbahnhofs und des Gäubahnanschlusses gegen unrealistische Bebauungspläne der Stadt Stuttgart verteidigt werden soll.“
Konrad sprach mit Dr.-Ing. Hans-Jörg Jäkel zur aktuellen Situation.
NB:
An Rainer Wieland, als Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart Verantwortlicher für die S-Bahn, vergibt das Aktionsbündnis die Note Ungenügend. Sein verkündetes Ziel, „die Einschränkungen seien verlässlich und planbar zu halten, sodass Fahrgäste keine Überraschungen erlebten“, hat er kläglich verfehlt.
Vor zwei Jahren hatte Olaf Drescher, Chef der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH, nach elfwöchiger Komplettsperrung zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt den Eindruck erweckt, damit seien die Arbeiten für Stuttgart 21 im Rems-Murr-Kreis erledigt. Doch jetzt fuhren die S-Bahnen statt im 15-Minuten-Takt nur alle 30 Minuten und die Regionalzüge statt alle 30 Minuten nur noch stündlich. Mit der S3 war Stuttgart nicht mehr zu erreichen, weil diese Linie nur noch zwischen Backnang und Fellbach pendelte.
Dies und die totale Überfüllung der wenigen Regionalzüge hatte gravierende Auswirkungen insbesondere für Pendler:innen. Täglich erreichten das Aktionsbündnis Schreckensmeldungen wie die folgende: „Am Freitag hatte ich in Stuttgart den Zug um 14.59 nach Backnang genommen. Es waren nur 2 Wagen statt 3, die schon in Stuttgart total überfüllt waren. In Bad Cannstatt kamen viele Menschen nicht in den Zug rein.“ Dienstags teilte dieselbe Pendlerin mit, statt laut Fahrplanauskunft 25 Minuten habe sie von Backnang nach Stuttgart fast zwei Stunden gebraucht.
Die Mitarbeiterin eines großen Unternehmens, die täglich von Weilimdorf nach Fellbach pendelt, schrieb: „Die Einschränkungen durch die Stammstreckensperrung kosten mich derart viel Nerven und Lebenszeit, dass ich spontan drei Wochen Urlaub eingereicht habe, weil ich sechs Wochen nicht durchhalte.“
Dieter Reicherter, Sprecher des Aktionsbündnisbündnisses, ergänzt aus eigener Erfahrung: „Oft konnten in Waiblingen viele Reisende nach Stuttgart nicht mehr zusteigen. Fahrräder und auch Kinderwagen wurden nicht mitgenommen. Zudem waren in Stuttgart die Fahrzeuge der SSB vom Ausweichverkehr massiv betroffen.“
Früher hatten Verantwortliche behauptet, von den Bauarbeiten für Stuttgart 21 werde man nichts merken, denn diese seien nur unterirdisch. Unterirdisch sind allerdings die Belastungen für Bahnreisende seit vielen Jahren. Schon ab 13. September kommen neue Einschränkungen zwischen Untertürkheim und Esslingen und auf weiteren Strecken.
Nicht nachvollziehbar ist auch die Ankündigung einer erneuten Stammstreckensperrung im Sommer 2026. Dazu Dr.-Ing. Hans-Jörg Jäkel (Ingenieure22): „Der für die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 einberufene Sonderlenkungskreis hat am 19.07.2025 darüber informiert, dass die Verlegung der S-Bahn zur neuen Station Mittnachtstraße nicht im Sommer 2026, sondern erst 2027 erfolgen soll und dann mit Sperrungen der S-Bahn-Stammstrecke verbunden sein wird. Trotzdem hat die Bahn ohne jede Begründung auch für Sommer 2026 wieder eine Stammstreckensperrung angekündigt. Vom Ziel der eingerichteten Taskforce, „die Beeinträchtigung für die Fahrgäste infolge von Streckensperrungen zu reduzieren", bleibt da nichts übrig.“
Dieter Reicherter ergänzt: „Sollte der Stuttgarter Kopfbahnhof aufgegeben werden, so drohen derartige Zustände als Folge der Mängel des Projekts Stuttgart 21 für alle Zeit. Das Aktionsbündnis unterstützt daher das Bürgerbegehren MEHR BAHNHOF = MEHR ZUKUNFT, mit dem der Fortbestand des Kopfbahnhofs und des Gäubahnanschlusses gegen unrealistische Bebauungspläne der Stadt Stuttgart verteidigt werden soll.“
