Journalisten in Deutschland gefährdet

Journalisten in Deutschland gefährdet

Als ein ZDF-Team im Mai 2020 auf einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen eine neue Ausgabe für die "heute-show" drehte, wurde es von Vermummten angegriffen. Sechs Teammitglieder wurden dabei verletzt und ihre Ausrüstung beschädigt.

Wenn es um Gewalt gegen Pressevertreterinnen und -vertreter geht, denken wir meist an Länder wie Mexiko, China oder Saudi-Arabien. Rückblickend auf das vergangene Jahr, hat die Gewalt gegen Medienschaffende in Deutschland neue Dimensionen erreicht.

Allein 2020 habe, Reporter ohne Grenzen, mindestens 65 gewalttätige Übergriffe auf Medienschaffende in Deutschland gezählt. Es seinen mehr als fünfmal so viele wie im Vorjahr gewesen und deutlich mehr als im Jahr 2015 während der Hochphase der Pegida-Bewegung. Hass und Hetze gegen Medienschaffende schlagen zunehmend in Gewaltbereitschaft und Brutalität um. Angriffe mit Metallstangen und Steinen wurden durch die NGO dokumentiert sowie Faustschläge ins Gesicht und Tritte an den Körper.

 

Aber auch die verbalen Angriffe und Drohungen werden von vielen Journalist*innen als sehr belastend erlebt. In Berlin drohte beispielweise ein Demo-Teilnehmer Ende Oktober einem Journalisten, dass er nach dem»Umsturz wie alle anderen Systemjournalisten an einem Baum hängen werde«. Abseits von Demonstrationen komme es vor allem zu verbaler Gewalt. Im März 2020 drohte ein Lindauer AfD-Kandidat für den Kreistag und Stadtrat dem Chefredakteur der Nachrichtenseite Allgäu Rechtsaußen, er werde den Journalisten »zerfetzen« und ihm »fürchterliche Schmerzen zufügen«.

Wenn Journalistinnen und Journalisten in Deutschland aus Angst vor Übergriffen nicht mehr von bestimmten Kundgebungen und Veranstaltungen berichten können, ist das eine Gefahr für die freie Berichterstattung. Mehr Unterstützung und besseren Schutz von Medienschaffenden durch Polizei und Sicherheitskräfte bei Demonstrationen ist eine der Forderungen von Reporter ohne Grenzen.

Die Organisation hat in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren einen Kodex für Medienhäuser zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten vor Gewalt und Bedrohung entwickelt. Der Kodex legt Standards fest, der freien und festangestellten Medienschaffenden Hilfe und Unterstützung bei Angriffen und Bedrohungen garantiert. Diesem Schutzkodex haben sich unter anderem bereits die dpa, die taz, der Spiegel und die Zeit angeschlossen. Weitere Medienhäuser sollen folgen.