Locarno Blog 20

Locarno Blog 20

Samâ wôzu -  Akadimia Platonos

Aus Locarno: Angelique Presse

Da das diesjährige Filmfestival ganz
im Zeichen der Mangas bzw. wie Alex es bereits klarstellte, der
Animes steht, darf natürlich auch im Wettbewerb ein solcher nicht
fehlen. Gestern Nachmittag wurde der Wettbewerbsbeitrag Samâ wôzu (Summer wars) gezeigt,
ein japanische Anime-Film, in dem ein Junge einen bizarren Job
angeboten bekommt: Er soll ein Wochenende lang den Freund eines
jungen Mädchens spielen, um deren Großmutter glücklich zu machen.
Da Kenji erst am Zielort angekommen von seiner Aufgabe erfährt, hat er
keine Wahl außer, das Spiel mitzuspielen. Dass er eher der
schüchterne Mathematiker ist und bisher mit Mädchen nicht viel am
Hut hatte, macht die Sache für ihn nicht einfacher.

Als er per SMS einen wirren Zahlencode
geschickt bekommt, macht er sich daran, diesen zu entschlüsseln,
weil er ihn für ein mathematisches Problem hält. Wie sich
herausstellt, handelte es sich dabei aber um den Zugangscode der
Internetwelt „Oz“, die aus dem Alltag der meisten Japaner nicht
mehr wegzudenken ist. „Oz“ ist so etwas wie „Second Life“,
eine eigene Welt im Internet, in der jeder sich einen Charakter nach
eigenen Wünschen zusammenstellen und mit ihm dort „leben“ kann.
Viele Behörden und Geschäfte haben eine Präsenz in „Oz“, so
daß die Japaner sogar ihre Stromrechnungen über „Oz“ bezahlen
können, „Oz“ brauchen, um ihre E-Mails abrufen zu können oder
ohne „Oz“ manche Telefonnetze nicht funktionieren.

Kenji schickt nun den entschlüsselten
Code an den unbekannten Absender und dieser beginnt, „Oz“ zu
manipulieren, tausenden von Japanern ihre zweite Identität zu
klauen und mächtig viel Verwirrung anzurichten. Als dem Jungen klar wird, was er getan hat, macht er sich,
unterstützt von der Familie seiner „Freudin“, in der virtuellen
Welt auf die Jagd nach „Love Machine“, wie sich der Bösewicht
nennt. Eine Geschichte nach dem Motto „kleiner Junge rettet die
Welt“.

Stellenweise nimmt der Kitsch doch sehr Überhand, und auch die Geschichte könnte in manchen Punkten besser
sein. Sicherlich nette Nachmittagsunterhaltung aber wiedermal ein
Film, bei dem ich mich frage, wie der in den Wettbewerb gelangen
konnte.

Ein ganz brauchbarer Wettbewerbsbeitrag
hingegen ist Akadimia Platonos,
die Geschichte des Griechen Stavros und seinen Freunden. Stavros
besitzt einen kleinen Laden an einer ruhigen Straßenkreuzung in
Athen. Kunden sieht man in dem Laden allerdings eher selten. Meistens
sitzt Stavros gemeinsam mit seinen Freunden vor dem Laden und schimpft auf
die Albaner und Chinesen. Insbesondere ein Albaner wird häufig Opfer
ihrer Attacken, der gemeinsam mit den Chinesen am gegenüberliegenden
Haus arbeitende Marenglen.

Eines Tages nimmt Marenglen Stavros' Mutter wahr, die seit eine Weile ein
Pflegefall ist und von ihrem Sohn rund um die Uhr betreut wird. Bald
darauf taucht er mit einem Foto in der Hand wieder auf und behauptet,
Stavros sei sei albanischer (!) Bruder. Untermauert wird diese
Aussage von der Mutter, die das Foto wiedererkennt und auf einmal albanisch spricht.

Der Haß gegen die
Albaner sitzt bei Stavros und seinen Freunden nun aber so tief, dass
durch diese Offenbarung alle in eine tiefe Sinnkrise gestürzt
werden.