Der Soziologe Oskar Negt ist nach langer Krankheit im Alter von 89 Jahren am Freitag in Hannover verstorben. Er war nie nur Theoretiker, sondern habe auch politisch immer wieder Stellung bezogen, verkündete der Göttinger Steidl-Verlag. »Wir trauern um einen Weggefährten und einen warmherzigen Freund«, heißt es seitens des Verlags.
Negt war Wortführer der Studentenbewegung. Er studierte bei Horkheimer und Adorno in Frankfurt am Main, von 1970 bis 2002 war er Professor für Soziologie an der Universität Hannover. Bildung und Demokratietheorie waren zwei seiner Schwerpunkte.
"Öffentlichkeit und Erfahrung: Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit " das er zusammen Alexander Kluge publizierte, war intellektueller Wegbreiter mindestens einer ganzen Generation von sozialwissentschaftlich angefixten Aktivistinnen der 70er/80er Jahre. Hochaktuell ist ihre mitgeteilte Erkenntnis, daß "Subjekte „die bloße Abbildung der Realität“ sich nur dann aneignen, wenn sie wissen, dass sie eine Handlungsalternative haben: „Erst aus dieser Handlungsmöglichkeit könnte sich ihr Interesse am Realismus rekrutieren.“ "
Seine - ausgewählte - Publikations Biographie auf Wikipedia sollte Anregung sein seine lebenslange Haltung die angemessene Würdigung und erneute Auseinandersetzung zukommen zu lassen.
Michael Menzel
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