Diskussion über Entkriminalisierung des Fahrens ohne Ticket: Soll die VAG in Freiburg weiter den Naziparagraphen nutzen?

Soll die VAG in Freiburg weiter den Naziparagraphen nutzen?

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Straßenbahn in Freiburg
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240 Tage Knast, also acht Monate hinter Gittern wegen Fahren ohne Fahrschein, war die maximale Zeit, die jemand wegen des „ Erschleichens von Leistungen“ 2024 in Baden-Württemberg im Rahmen einer Ersatzfreiheitsstrafe inhaftiert war. Das „Erschleichen von Leistungen“ ist der Paragraph 265a des Strafgesetzbuches. Eingeführt wurde er mit genau dieser Nummerierung und quasi wortgleich 1935.

Am 14.05.25 fand in Freiburg eine Diskussionsveranstaltung mit dem Titel "Wenn Armut mit Gefängnis bestraft wird: Sollte das Fahren ohne Fahrschein entkriminalisiert werden?" statt. Den Anfang machte Leonard von der Initiative Freiheitsfonds. Seit Dezember 2021 hat die Initiative knapp 1300 Menschen freigekauft und dafür über eine Millionen Euro gezahlt. 237 Haftjahre fielen weg, wodurch der Staat 18,4 Millionen Euro gespart habe, weil der Gefängnisaufenthalt eine teure Sache ist. Der Freiheitsfonds geht davon aus, dass 87 % der Betroffenen erwerbslos sind und 15 % keinen festen Wohnsitz haben. 15 % seien zudem suizidgefährdet. Nach dem Input vom Freiheitsfonds diskutierten am 14. Mai der Vorstand der VAG, Oliver Benz, mit VertreterInnen der Arbeitskreise kritische Soziale Arbeit (aks) und kritische Jurist*innen (akj), die fordern, dass die VAG generell auf Strafanzeigen wegen dem Fahren ohne Fahrschein verzichten soll. Köln, Bonn, Düsseldorf, Münster, Bremen, Bremerhaven, Wiesbaden, Mainz, Potsdam, Halle, Leipzig und Dresden machen das. In Karlsruhe stimmte der Gemeidnerat für die Entkriminalisierung, die Verkehrsgesellschaft KVV stellte sich allerdings gegen den Beschluss des Rates. Der KVV hält auch weiterhin an Strafanzeigen fest. Die Praxis wurde lediglich leicht abgemildert. Statt dreimal ohne Ticket erwischt werden in drei Jahren, führt jetzt „nur noch“ drei mal ohne Ticket Fahren in 12 Monaten zu einer Anzeige.

Zur Idee der Veranstaltung in Freiburg erklärte uns Frank vom aks: