Energie-Wende: Studie: erneuerbare Energien zuverlässiger als Atomenergie

Studie: erneuerbare Energien zuverlässiger als Atomenergie

Laut einer neuen Studie des deutschen Forschungsinstituts DIW und der Technischen Universität Berlin ist die Atomenergie weit weniger zuverlässig ist als bisher angenommen. Die im Auftrag der Schweizerischen Energiestiftung (SES) durchgeführte Untersuchung zeigt auf, daß erneuerbare Energien im Verbund eine deutlich höhere Versorgungssicherheit bieten als Atomkraftwerke.

Die offiziell vorliegenden Zahlen beweisen, daß sowohl die Schweizer als auch die französischen Atomkraftwerke - ganz abgesehen vom ständigen Risiko eines Super-GAU - großen Unsicherheiten bei einem zuverlässigen Betrieb unterliegen - etwa durch ungeplante sicherheitsbedingte Ausfälle, verlängerte Revisions- und Reparaturzeiten oder unvermeidbare Abschaltungen wegen der klimabedingten Überhitzung von Flüssen.

In der neu vorliegenden Untersuchung analysierten ForscherInnen die drei laufenden Atomkraftwerke der Schweiz mit ihren insgesamt vier Atomreaktoren in Hinblick auf die Zeiten von Betriebsabschaltungen. So mußte etwa Reaktor 1 des  AKW Beznau zwischen 2015 und 2018 insgesamt 1.100 Tage heruntergefahren werden. Bei diesem Reaktor, der im Jahr 1968 in Betrieb ging, handelt es sich um den ältesten in Europa. Das AKW Leibstadt mußte 2016, 2018 und 2021 in extrem langen Revisionszeiten gewartet werden.

Besonders auffällig ist die Zunahme der Ausfälle der Atomkraftwerke im Verlauf der vergangenen zehn Jahre. Während im Zeitraum zwischen 2011 und 2020 sieben ungeplante Schnellabschaltungen der Reaktoren in Leibstadt und drei Abschaltungen in Gösgen stattfanden, war es in den Jahren zuvor und seit 1995 insgesamt lediglich sechsmal zu Zwischenfällen gekommen. Dies hat unmittelbare Konsequenzen für die Versorgung der Schweiz.

"Die Sicherheit der Stromversorgung ist höher, wenn die Schweiz den Ausbau der Photovoltaik vorantreibt und auf den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken verzichtet", sagte Studienautor Mario Kendziorski. "Schweizer Atomkraftwerke sind ein erhebliches Risiko für die Versorgungssicherheit." Indes plant die Politik in Form des Bundesrates in Energieszenarien damit, sowohl das AKW Leibstadt als auch das AKW Gösgen bis ins Jahr 2035 weiterlaufen zu lassen. Laut der Studie würde dies aber die Versorgungssicherheit der Schweiz gefährden.

Eine ähnliche Gefährdung ist mittlerweile auch in Frankreich festzustellen, wo gleich mehrere Atomkraftwerke zugleich vom Netz genommen werden mußten (Siehe unseren ...). "Das zeigt, daß der gleichzeitige Ausfall mehrerer Kraftwerke eine sehr realistische Bedrohung ist", so Kendziorski. "Nicht nur wegen der Gefahr schwerer Unfälle ist es ratsam, auf Atomkraft zu verzichten und den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben. Es lohnt sich auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit."

Für die Schweiz stellt die Studie zwei Szenarien für das Jahr 2035 auf. Das erste Szenario folgt den aktuellen Plänen zur Beibehaltung der Laufzeiten. Dem gegenüber wird ein Szenario gestellt, das annimmt, daß stattdessen Foltovoltaik-Anlagen gebaut werden, die 16 Terrawattstunden (TWh) stemmen könnten. Auch möglicher Stromhandel mit den Nachbarstaaten wurde berücksichtigt. Im Frühjahr, zwischen März und April, leisten die Speicherwasserkraftwerke aufgrund niedriger Stände die wenigste Leistung. Dann kann ein Ausfall im aktuellen Energiemix von Atommeilern besonders starke Konsequenzen mit sich ziehen.

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wäre ein vollständiger Umstieg auf regenerative Energien eine geeignete Möglichkeit. "Es gibt bei der Photovoltaik gewisse Unsicherheiten bei der Prognose der Stromerzeugung", so Kendziorski. "Aber die sind viel besser kalkulierbar als bei der Atomkraft und können bei der Planung von vornherein berücksichtigt werden. Hinzu kommt, daß unmöglich alle Solarpanels gleichzeitig ausfallen. Bei Atomkraftwerken ist das augenscheinlich anders."