Ein türkisches Gericht hat überraschend die Freilassung des kurdischen Politikers Selahattin Demirtas aus der Untersuchungshaft angeordnet. Es kam damit einer Beschwerde wegen der fast dreijährigen Untersuchungshaft vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zuvor. Die Beschwerde wäre am 18. September verhandelt worden. Der Ausgang dieser Verhandlung war klar, denn bereits im November 2018 hatte das europäische Gericht die Freilassung von Demirtas verfügt. Die Türkei war dem einfach nicht nachgekommen. Mittlerweile wurde Demirtas aber in einem Teilverfahren zu 4 Jahren und acht Monaten wegen „Terrorpropaganda“ verurteilt. Damit verwandelt sich seine Untersuchungshaft nun einfach in Strafhaft und Demirtas wird vermutlich nicht freigelassen. Insgesamt drohen Demirtas 142 Jahre Gefängnis. Alle Vorwürfe beziehen sich auf politische Reden und angebliche Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Demirtas trat zweimal bei Präsidentschaftswahlen gegen den jetzigen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an. Der gelernte Anwalt war dabei wohl der einzige Oppositionspolitiker, der Erdogan rhetorisch gewachsen war.