Der ueberfluessigste Film bisher in meiner persoenlichen Cannes-2012-Liste ist momentan ganz eindeutig "Confessions of a child of the century" der franzoesischen Filmemacherin Sylvie Verheyde.
Ein sogenannter "Kostuem-" oder "Historienschinken", ein Genre, das mitunter zur Zaehigkeit neigt, aber auch wundervolle Filme hervorgebracht hat, wie beispielsweise die ebenfalls franzoesischen Werke "Die Batholomaeusnacht" oder "Danton", um nur ein paar spontane Beispiele zu nennen.
Nun ja, die Verfilmung des Buches des franzoesischen Romantikers Alfred de Musset (1810-1857) mit dem Titel Confessions d'un enfant du siècle (dt: Bekenntnisse eines jungen Zeitgenossen) von 1836 wird wohl nicht zu diesen gerechnet werden, denn das Endergebnis der Literaturverfilmung ist, wie schon in der Ueberschrift verraten, mehr als ueberfluessig!
Worum es geht?
Der junge, wilde Libertin Octave (Peter "Pete" Doherty) muss als Adliger am franzoesischen Hof erleben, wie seine Frau ein Techtelmechtel mit einem anderen Beau beginnt, nach dem obligatorischen Duell (bei dem er allerdings nur leicht verletzt wurde) beginnt er, sich mit seinem lebensfrohen, aber auch recht zynischen Freund (gespielt von August Diehl) der Wollust hinzugeben.
Nach den kunstvoll inszenierten Orgienbildern duerfen wir als Zuschauer dann seine ABreise in die Provinz erleben, denn die Nachricht vom Tode seines Vaters erreichte unseren wilden Octave.
Er beginnt nun ein Leben als in Trauer und Melancholie versunkener Eremit, wandert in der Gegend des vaeterlichen Landsitzes herum, philosophiert vor sich hin und trifft auf einem seiner Spaziergaenge die rund zehn Jahre aeltere Witwe Brigitte - und verfaellt ihr sofort.
Nach einem schwer nachzuvollziehenden Hin und Her mit zahlreichen schwuelstigen, aber letztendlich inhaltsarmen Dialogen werden die Zwei doch noch ein Liebespaar, auch wenn die Liaison der beiden adligen Erben (er das vaeterliche, sie des Gatten Gut) nicht ueberall gut geheissen wird.
Sie ist literarisch begabt, er davon begeistert, das turtelnde Paar redet viel Unsinn, aber aufgrund nicht recht vermittelter Melancholie wird es doch nicht das ganz grosse Glueck, denn obwohl sich beide tatsaechlich gegenseitig lieben, wird jene Liebesfaehigkeit immer wieder in Frage gestellt, Details bleiben dem Zuschauer jedoch verborgen...
Kurzum: Das Ganze strotzt nur so vor schwuelstigem Pathos (und meine Meinung ist hier noch durchaus gemaessigt, andere Zuschauer haben spaeter im Gespraech mir gegenueber sehr viel unduldsamere Toene angeschlagen, was die Qualitaet dieses Films angeht) und philosophisch-plappermnden Dialogen.
Dazu viele huebsche Nebelbilder, ordentlich fotografiert, eine wie immer ueberzeugende Charlotte Gainsbourg und ein eklatant fehlbesetzter Pete Doherty, der fast den ganzen Film mit cool-gelangweilter Einheits-Miene duch den Film wandert, und diese Pose auch dann nicht ablegt, wenn er laut Story bis ueber beide Ohren verliebt ist...
Schwer zu sagen, ob der renommierte und begabte Musiker (Saenger und Kopf der Bands Babyshambles und The Libertines - wenigstens passt hier der Bandname!) ein grottenschlechter Schauspieler ist oder ob die Rolle mit ihm einfach nur katastrophal falsch besetzt wurde, auf jeden Fall ueberzeugen weder er noch der langatmige und letztendlich inhaltsschwache Film.
Tatsaechlich ein trauriges Musterbeispiel fuer ein vielgeschmaehtes Genre, das dank der "Confessions" nicht um einen Leckerbissen, sondern um einen echten "Schinken" reicher geworden ist!
ASR