"Gekränkte Freiheit" - Diskussion zwischen Prof. Ulrich Bröckling und Oliver Nachtwey: "Alleine Schuld sein für sein Schicksal[...] produziert einen unwahrscheinlichen Groll"

"Alleine Schuld sein für sein Schicksal[...] produziert einen unwahrscheinlichen Groll"

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Cover: Gekränkte Freiheit: Aspekte des Libertären Autoritarismus des Buchs mit gelbem Kreu in der Mitte
Cover: Gekränkte Freiheit: Aspekte des Libertären Autoritarismus
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https://www.suhrkamp.de/buch/gekraenkte-freiheit-t-9783518430712

Wie sind Querdenken und Co eigentlich politisch einzuordnen? Oft scheitern klassische politische Spektren mit Beschreibungen von rechts und links, um die verschwörungsgläubigen Corona-Rebell*innen zu einzuordnen. Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey kommen aus der Soziologie und arbeiten mit gesammelten Daten aus Interviews mit Mitgleidern dieser Bewegungen mit dem Begriff des libertären Autoritarismus.

Daher der Untertitel ihres Buches "Gekränkte Freiheit- Aspekte des libertären Autoritarismus", das im suhrkamp Verlag erschien und zu den zentralen Debattenbeiträgen um die Pandemie-Proteste zählt.

Im Gespräch vom Mittwoch, den 18.01.2023 zeichnen der Freiburger Soziologe Prof. Ulrich Bröckling und einer der beiden Autor*innen, Oliver Nachtwey, eine Klassifizierung der Corona-Rebell*innen.


So lautet der Ankündigungstext des Buches:

Carolin Amlinger, Oliver Nachtwey Gekränkte Freiheit Aspekte des libertären Autoritarismus

Corona-Kritiker mit Blumenketten, Künstlerinnen, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse infrage stellen, Journalisten, die sich als Rebellen gegen angebliche Sprechverbote inszenieren: Der libertäre Autoritäre hat Einzug gehalten in den politischen Diskurs. Er sehnt sich nicht nach einer verklärten Vergangenheit oder der starken Hand des Staates, sondern streitet lautstark für individuelle Freiheiten. Etwa frei zu sein von Rücksichtnahme, von gesellschaftlichen Zwängen – und frei von gesellschaftlicher Solidarität.  

Der libertäre Autoritarismus, so Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, ist eine Folge der Freiheitsversprechen der Spätmoderne: Mündig soll er sein, der Einzelne, dazu noch authentisch und hochgradig eigenverantwortlich. Gleichzeitig erlebt er sich als zunehmend macht- und einflusslos gegenüber einer komplexer werdenden Welt. Das wird als Kränkung erfahren und äußert sich in Ressentiment und Demokratiefeindlichkeit.

Auf der Grundlage zahlreicher Fallstudien verleihen Amlinger und Nachtwey dieser Sozialfigur Kontur. Sie erläutern die sozialen Gründe, die zu einem Wandel des autoritären Charakters führten, wie ihn noch die Kritische Theorie sich dachte. Die Spätmoderne bringt einen Protesttypus hervor, dessen Ruf nach individueller Souveränität eine Bedrohung ist für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen: die Verleugnung einer geteilten Realität.