Calais: Amtsgericht Lille kippt Verbot neuer Essensverteilungspunkte für MigrantInnen

Amtsgericht Lille kippt Verbot neuer Essensverteilungspunkte für MigrantInnen

Die Bürgermeisterin des nordfranzösischen Calais darf Essensverteilung an MigrantInnen nicht verbieten. Das hat das Amtsgericht Lille in einem Eilverfahren entschieden, das die Ausländerrechtsorganisation Gisti am gestrigen Donnerstag veröffentlichte.

Im Streit ging es um Entscheidungen der Stadt Calais zwischen Anfang Februar und Anfang März, die die Öffnung neuer Verteilungspunkte sowie "missbräuchliche Besetzungen" verbaten, wo Essen für MigrantInnen angeboten wurde. Die Bürgermeisterin hatte sich unter anderem auf den in Frankreich immer noch geltenden Notstand berufen, um die grundsätzlichen Prinzipien der Menschenwürde und der Nichtdiskriminierung zu beseitigen.

Das Gericht erklärte, die Bürgermeisterin habe, indem sie die Befriedigung der grundlegenden Bedürfnissen der MigrantInnen verhinderte, schwerwiegend und offensichtlich illegal gegen die Bewegungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und gegen das Verbot unmenschlicher und entwürdigender Behandlung verstossen.

Die Ausländerrechtsorganisation Gisti weist darauf hin, dass die Bürgermeisterin dabei tatkräftig von der Staatsanwaltschaft und vom Polizeipräfekten unterstützt wurde. Sie hätten Identitätskontrollen an MigrantInnen und Ehrenamtlichen grosszügig erlaubt, und sie hätten die Strassen polizeilich sperren lassen, in denen solche Essensverteilungen stattfanden.

Die Bürgermeisterin von Calais bemüht sich seit der Räumung des grossen Slums bei Calais im vergangenen Jahr, mit allen Mitteln die Wiederansiedlung von MigrantInnen zu vermeiden. Noch Ende Februar stand ihre Stadtverwaltung vor Gericht, weil sie die französische Caritas daran hindern wollte, einen Duschcontainer für MigrantInnen zu installieren. Die Bürgermeisterin geht davon aus, dass das Angebot humanitärer Leistungen neue MigrantInnen anziehen würde. In seinem Urteil von Mittwoch ging das Amtsgericht Lille explizit darauf ein und erklärte, Calais ziehe MigrantInnen nicht wegen der humanitären Hilfe an, sondern wegen der geographischen Lage, sprich der Nähe zu Grossbritannien.

(mc)