Am 09.11.2023 besuchte RDL einen Strafprozess vor dem Amtsgericht Freiburg. Nach rund 3 ½ Stunden endete der Strafprozess gegen einen 35-jährigen Mann, dem von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt worden war, mehrere andere Personen, die über keine gültigen Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen verfügt hätten, teilweise zu Dumpinglöhnen beschäftigt zu haben, mit dessen Verurteilung.
Die Vorgeschichte
Der Anfang der 2010’er Jahre aus der Türkei in die BRD eingereiste Angeklagte, heirate hier alsbald und ließ sich im Umland von Freiburg nieder. Um wirtschaftlich etwas auf die Beine zu stellen, arbeitete er erst als Subunternehmer für eine bundesweit tätige Firma, welche
Reinigungsdienstleistungen anbietet. Seine Ehefrau habe dann, so der Angeklagte in seinen Aussagen zur Sache, eine eigene kleine Firma gegründet, bei der er angestellt gewesen sei und die Aufträge für jenes bundesweit tätiges Unternehmen abgewickelt habe. Also insbesondere dafür gesorgt, dass in den zu reinigenden Gebäuden stets die richtige Zahl an Reinigungskräfte eingesetzt wurden.
Die Ermittlungen kommen in Gang
Vor etwa vier Jahren erstatte eine Bank Strafanzeige, denn im Rahmen eines Antrages auf Eröffnung eines Girokontos waren seitens des Kunden falsche griechischen Ausweispapiere vorgelegt worden. Den Termin in der Bank, den habe die Ehefrau des Angeklagten vereinbart. So sei man auf die Firma der Ehefrau gestoßen, die in einem gesonderten Verfahren zwischenzeitlich verurteilt wurde. Bei anderer Gelegenheit, so trug es ein Polizist
als Zeuge in der Verhandlung vor, habe man bei eine Polizeikontrolle einen Menschen mit ebenfalls gefälschten griechischen Ausweisen aufgegriffen. Obwohl beide Ereignisse zeitlich und örtlich unabhängig gewesen seien, hätte man einen möglichen Zusammenhang vermutet. Eine Bilanzprüfung der Firma der Ehefrau habe ergeben, dies führte die Richterin später durch Verlesung eines Prüfberichts in das Verfahren ein, dass es auffällig hohe
Bargeldentnahmen in der Firma gegeben habe und entsprechende Ermittlungen angeregt.
Die Razzien im Sommer 2020
Als das Verfahren vor vier Jahren in Gang kam, griff die Polizei, in Absprache mit der Staatsanwaltschaft und dem zuständigen Ermittlungsrichter zu starken Geschützen: eine umfangreiche Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) wurde gestartet. Zahllose Gespräche wurden mitgehört und mitgeschnitten, aber es fanden auch Observationen statt! All das mündete in eine groß angelegte Razzia am 17.6.2020, mit mehreren Wohnungsdurchsuchungen, der Beschlagnahme von Datenträgern, Speichermedien und
Mobiltelefonen.
Rechtsanwalt Sinan Akay, der den Angeklagten kämpferisch vertritt, macht deutlich, aus Sicht der Verteidigung seien die Ergebnisse der TKÜ unverwertbar, denn es hätten von Beginn an nicht die für einen derart schwerwiegenden Eingriff notwendigen Voraussetzungen vorgelegen. Eine Argumentation der weder die Staatsanwältin, noch die vorsitzende Richterin, Dr. Herbert, folgen mochten. Nur weil am Ende des Verfahrens so wenig übrig geblieben sei, beeinträchtige dies nicht die Zulässigkeit der TKÜ oder die Verwertbarkeit der
Überwachung der Telefone hier in dem Strafverfahren.
Was von den Vorwürfen übrig blieb
Zu Anfang, so der Polizist im Zeugenstand, sei man von einem viel größeren Fall ausgegangen, eben weil griechische gefälschte Ausweispapiere im Spiel gewesen seien und sich im Rahmen der TKÜ „konspiratives Verhalten“ der Beschuldigten ergeben habe. Vieles davon habe sich dann jedoch nicht erhärtet. Geblieben sei nur noch der Vorwurf des „Einschleusens von Ausländern“, denn dieser wird nach der Rechtslage auch dann erfüllt, wenn Menschen ohne gültige Papiere zu Dumpinglöhnen, im Verfahren wurden teilweise 8 € die Stunde genannt, beschäftigt und keine Sozialversicherungsabgaben abgeführt werden.Der Angeklagte habe eine bestimmende Rolle in der Firma seiner Frau ausgeübt, er habe
die Arbeiter*innen eingeteilt, er sei bei Problemen angerufen worden, defacto habe er die Fäden gezogen.
Die Plädoyers
Für Staatsanwältin Kreuzer war klar, der Angeklagte ist schuldig und so forderte sie in ihrem Plädoyer eine Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen von jeweils 40 €. Er sei der Ansprechpartner gewesen und seine Aussage, er habe nichts davon gewusst, dass Ausweispapiere gefälscht gewesen seien, glaube sie nicht. Zudem habe er Vollmacht über das Firmenkonto verfügt. Da er also in verantwortlicher Rolle tätig geworden sei, müsse eine Bestrafung wegen „Einschleusens“ und auch wegen Beihilfe zu illegalem Aufenthalt erfolgen.
Der Verteidiger plädierte hingegen auf Freispruch. Zum einen habe ja das wirkliche Geld nicht die Firma der Ehefrau des Angeklagten gemacht, zwischenzeitlich ist die Firma in die insolvent, sondern der Hauptauftraggeber, das bundesweit tätige Unternehmen. Über die Fälschung von Papieren habe sein Mandant keine Kenntnis erlangt, ihm sei hier nichts vorzuwerfen!
Das Urteil
Es ist Mittag geworden als das Urteil fällt: 70 Tagessätze zu je 40 €! Die von der
Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Tatet hätten sich genau so ereignet, so die vorsitzende Richterin, hieran habe sie keinen begründeten Zweifel. Im Anschluss an die Verhandlung kommentierte Rechtsanwalt Akay auf Frage von RDL das Urteil mit: „Das fechten wir an!“.