Letzte Generation: Lehrer in Freiburg vom Amtsgericht verurteilt

Lehrer in Freiburg vom Amtsgericht verurteilt

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Am 14.11.2023 fand vor dem Amtsgericht Freiburg, unter Vorsitz von Richterin Bucher ein Prozess gegen einen Lehrer aus dem Freiburger Umland statt. Ihm wurde von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt am 07.02.2022, am 11.02.2022 und am 21.02.2022 sich in Freiburg an Straßenblockaden der Letzten Generation beteiligt zu haben. Verteidigt wurde der Lehrer durch den Freiburger Rechtsanwalt Düsselberg.

Im Gegensatz zu anderen Strafprozessen, die zu oft vor leerem Zuschauer*innen-Raum stattfinden, war diesmal der Gerichtssaal voll, kein Stuhl blieb unbesetzt. Es dürften um die 70 oder 80 Menschen im Zuschauer*innen-Raum gesessen haben, darunter auch ganze Schulklassen mit ihren Lehrkräften. Aber auch die Mutter des angeklagten Lehrers und weitere Angehörige.

Der Prozess zog sich von 9 Uhr bis in den Nachmittag hinein. Der Aktivist der Letzten Generation bekam die Möglichkeit in einem umfangreichen Eingangsstatement die Ziele der Letzten Generation zu erläutern. Auf den Tisch hatte er einen kleinen Stoffhasen gestellt, ihn „rettete“ er aus Lützerath, bevor das Dorf geräumt wurde.

Als Biologielehrer seien ihm die klimatechnischen Zusammenhänge voll bewusst, er habe sich in einem „Sabbatjahr“ intensiv eingearbeitet. Anschließend sei für ihn klar gewesen, er müsse etwas tun! Es sei nicht nur zulässig mit Methoden des zivilen Ungehorsams, wie den Blockaden von Straßen, auf den drohenden Klimakollaps und das Erreichen und Überschreiten der „Kipppunkte“ hinzuweisen, es gebe im Grunde eine entsprechende moralische Pflicht. Immer wieder gab es aus dem Publikum lauten Applaus für die Wortbeiträge den Lehrers, was die Richterin schweigend zur Kenntnis nahm. Zugleich wurde deutlich, dass auch wenn der Aktivist von einer „Überwindung des (bestehenden) Systems“ sprach, er tief im bürgerlichen Spektrum verankert ist: den als Zeugen vernommenen Polizeikräften dankte er ausdrücklich für deren gute und faire Arbeit. Darüber hinaus war ein wesentlicher Argumentationsstrang sein Beamteneid welchen er geschworen habe. Das Grundgesetz und die Landesverfassung „zu achten und zu verteidigen“ (§ 71 Landesbeamtengesetz BW) sei mit Leben zu füllen, angesichts der Milliarden von zu erwartenden Toten, dem Zusammenbruch der Zivilisation. Hier sehe er sich auch durch den Beamteneid verpflichtet zu handeln

Zwischen Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht wurde dann darum gerungen, ob hier das allgemeine Widerstand- oder das Notstandsrecht (§ 34 StGB: rechtfertigender Notstand) die Blockaden rechtfertigt haben könnten. An neuralgischen Punkten hatten die Aktivist*innen Anfang 2022 den Straßenverkehr für einige Zeit lahmlegen können und fraglich war ob die Blockaden in strafrechtlichem Sinne „gerechtfertigt“ gewesen sein könnten. Da der Lehrer den Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Nötigung in drei Fällen, der ihm per Post geschickt worden war, nicht akzeptierte, wurde nun vor großem Publikum verhandelt.

Letztlich konnten jedoch weder er noch sein Rechtsanwalt die Richterin überzeugen: kurz vor 15 Uhr erging das Urteil. 45 Tagessätze zu jeweils 60 €, wegen Nötigung in drei Fällen. Es habe sich bei der Sitzblockade um strafbare „Gewalt“ im Sinne des § 240 StGB gehandelt und diese Gewalt sei auch verwerflich, denn in einer Demokratie müsse sich der Angeklagte anderer Mittel bedienen, auch wenn die Vorsitzende Richterin ihm ausdrücklich hohe moralisch Ideale zubilligte. Auch seine Verzweiflung über die klimapolitische Situation spreche zu seinen Gunsten. Aber Gewalt bleibe Gewalt. Die Autofahrenden seien psychisch und physisch gehindert an der Weiterfahrt gehindert worden, dies stelle „Gewalt“ im Sinne des Nötigungsparagrafen dar.

Auf Rückfrage von RDL nach der Urteilsverkündung, gab der nunmehr verurteilte Lehrer an, er werde in die nächste Instanz ziehen!

Thomas Meyer-Falk