Im englisch-sprachigen Teil Kameruns kam es in den vergangenen Tagen wieder zu Protesten gegen die Zentralregierung. Dabei starben nach Medienangaben mindestens 17 Menschen durch den Waffeneinsatz von Soldaten. Die Armee hatte in den betroffenen Provinzen den Ausnahmezustand verhängt.
Die Großstadt Buea ist abgeriegelt, mindestens ein Mann wurde beim Versuch, in die Stadt zu gelangen, erschossen. Bei fünf der Toten soll es sich um Menschen handeln, die aus dem Gefängnis zu entkommen versuchten. Gegen DemonstrantInnen vor dem Gouverneurssitz in Buea wurden zudem Tränengas und Schlagstöcke eingesetzt.
Grund für die seit einem Jahr immer wieder aufflammenden Proteste ist die Benachteiligung des rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachenden Landesteils. Mangelnde Repräsentation in den staatlichen Institutionen sowie die Diskriminierung des Sprachgebrauchs werden von der Bevölkerungsminderheit als die wichtigsten Gründe genannt.
Zu Beginn des Jahres war bereits für drei Monate der Zugang zum Internet unterbrochen und im Rahmen des Ausnahmezustandes die Grenze nach Nigeria geschlossen worden. Hunderte DemonstrantInnen sind seitdem verhaftet und wegen Landesverrats angeklagt worden, was die Todesstrafe nach sich ziehen kann.
Der Konflikt hat historische Ursachen: Nach dem ersten Weltkrieg wurde die damals deutsche Kolonie zwischen Großbritannien und Frankreich aufgeteilt. Daraus entstanden zwei Kolonialstaaten mit jeweils französischen und britischen Verwaltungs-, Schul- und Justizsystem sowie die englisch- bzw. französisch-sprachigen Gruppen. Bei einer Volksabstimmung zur Unabhängigkeit sprachen sich 1961 die anglophonen West-KamerunerInnen für eine Wiedervereinigung beider Landesteile aus – allerdings nur unter der Voraussetzung, ein föderales System mit weitgehenden Autonomierechten einzuführen. Dieses System wurde bereits 1972 wieder eingeschränkt und letztlich vom nach wie vor regierenden autokratischen Alleinherrscher Paul Biya 1984 völlig abgeschafft.