Wie unschwer vorherzusehen wurde der Widerspruch gegen den Export von Brennelementen aus dem niedersächsischen Lingen ins belgische Risse-AKW Doel, den Atom-Kraft-GegnerInnen im April eingelegt hatten, von "Schwarz-Rot" abgewiesen. Und so ist nun der Weg frei für eine Klärung vor Gericht.
Entgegen der Ankündigung im Koalitions-Vertrag vom Februar 2018 erlaubt die deutsche Bundesregierung die Versorgung des belgischen Risse-AKW Doel durch die Brennelemente-Fabrik Lingen (Siehe unseren Artikel v. 19.08.19). Sechs AKW-GegnerInnen aus Aachen, Lingen, dem Raum Bonn und dem Münsterland hatten Widerspruch gegen die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erteilte Export-Genehmigung für die Belieferung der AKW Doel durch die Brennelemente-Fabrik Lingen eingelegt (Siehe unseren Artikel v. 19.04.20). Nun ist der Weg frei für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht.
Die Atomkraft-GegnerInnen können sich dabei vor Gericht auf das deutsche Atomgesetz berufen, denn darin heißt es in Paragraph 1, die deutsche Bundesregierung sei verpflichtet, "Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen". Hinzu kommt, daß das AKW Doel selbst nach den eigenen regierungsamtlichen Kriterien als unsicher zu gelten hat.
Auch in Belgien glaubte die Bevölkerung noch bis vor vier Jahren an das Versprechen eines Atom-Ausstiegs. Am 31. Januar 2003 hatte die belgische Regierung einen angeblich unumkehrbaren Atom-Ausstieg beschlossen. Doch am 18. Juni 2015 wurde mit einem neuen Gesetz der Atom-Ausstieg in Belgien gekippt und eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten von 40 auf 50 Jahre beschlossen. Die beiden Risse-Reaktoren des AKW Doel, die 1975 in Betrieb gegangen waren und 2015 hätten stillgelegt werden sollen, dürfen demnach noch bis 2025 weiterlaufen.
Übergangen hatte die belgische Regierung im Juni 2015 allerdings, daß auch im Falle einer Laufzeitverlängerung zwingend vorgeschrieben ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die dabei unumgänglichen Anhörungen durchzuführen. Atomkraft-GegnerInnen hatten wegen dieses Versäumnisses geklagt. Und am 29. Juli 2019 hatte der Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden, daß der Weiterbetrieb seit 2015 illegal war. Im März 2020 bestätigte das belgische Verfassungsgericht das Urteil des EuGH. Auch diese beiden Urteile und die in den Urteilsbegründungen aufgeführten Argumente hinsichtlich des Risikos eines Weiterbetriebs des AKW Doel liefern ausreichend "Munition" für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Und so erscheint es als einigermaßen erfolgversprechend, daß der Export von Brennelementen aus Lingen ins AKW Doel gerichtlich gestoppt werden kann.
Ergänzung (13.08.20):
Am Donnerstag, 13.08., wurde die Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt eigereicht. Dieses ist zuständig, weil dort das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) dort seinen Sitz hat.