Ein Angriff der Bildzeitung auf die Publizistin Carolin Emcke hatte am Wochenende hohe Wellen geschlagen. Überschrieben hatte die Zeitung ihren reißerischen Artikel mit „Entgleisung auf Grünem Parteitag / Rednerin vergleicht Klimaforscher mit verfolgten Juden“. Nachdem so die Interpretation in den Köpfen ist, kann Bild darunter Emcke sogar korrekt zitieren: „Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen und die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen.“ Ganz offensichtlich meinte Emcke die populistische Hetze im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie, die auch antisemitische Stimmen enthielt, was Bild zu einem Vergleich von Klimaforscher*innen und Holocaustopfern verdreht. Im Falle von Kritik kann man das korrekte Zitat vorweisen. Bei Bild weiß man, wie man Steine schmeißt und sich gleichzeitig unschuldig stellt. Das korrekte Zitat hat aber nicht verhindert, dass andere die in der Überschrift gegebene Interpretation gleich für Angriffe auf Emcke und die Grünen gebraucht haben. Dazu gehörten mehrere Artikel in der ebenfalls zu Springer gehörenden Zeitung Die Welt und der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Indessen stellte sich eine große Gruppe jüdischer Intellektueller demonstrativ hinter Emcke. Darunter waren Micha Brumlik, die Autorin Lena Gorelik, der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, die Philosophin Susan Neimann, die Historikerin Annette Leo und andere. Am Schluss ihrer Erklärung schreiben sie: „Das absichtliche (und wiederholte) Missverstehen, die Verzerrung und Verdrehung von Tatsachen und die Lüge als mediale Methoden untergraben jeden sachlichen Diskurs und gefährden die Demokratie in diesem Land. Dass dies jüdische Menschen ebenso wie andere Minoritäten bedroht, ist eine der historischen Lehren, denen wir verpflichtet sind.“
Mittlerweile hat Paul Ziemiak mit Carolin Emcke telefoniert und seine Anschuldigungen zurückgenommen. Seine Falsche Anschuldigung erklärte Ziemiak mit seiner besonderen Sensibilität beim Thema Antisemitismus. So hat der CDU-Generalsekretär am Ende doch noch den Weg zu einem Eigenlob gefunden. Er kam damit allerdings nicht in die Bild. Die schwieg sich über Ziemiaks Entschuldigung aus. Die Welt erwähnte Ziemiaks Richtigstellung und dass die Bild die falsche Nachricht zuerst verbreitet habe. Darüber dass diese im eigenen Blatt mehrfach aufgegriffen wurde, schwieg die Welt ebenfalls.