Die Welt so sehen, wie sie ist. Abschied von Karl Pfeifer

Die Welt so sehen, wie sie ist. Abschied von Karl Pfeifer

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Karl Pfeifer
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Quelle: 
Otto Normalverbraucher, Wikipedia

Wir trauern um Karl Pfeifer. Am 6. Januar ist der Wiener Journalist unerwartet gestorben. Er hatte seit 2010 auch für Radio Dreyeckland in zahlreichen Interviews v. a. über die Entwicklung Ungarns berichtet.

1928 in Baden bei Wien geboren, musste Karl Pfeifer als Zehnjähriger mit seinen Eltern vor der antisemitischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten nach Budapest fliehen. Auch dort war die Familie nicht sicher. Karl Pfeifer schloss sich dem linkszionistischen Verband Hashomer Hatzair an, kam 1943 mit einem der letzten Kindertransport nach Palästina, wo sein älterer Bruder bereits lebte, und kämpfte nach ersten Jahren im Kibbuz später im Unabhängigkeitskrieg für die Gründung Israels. 1951 kehrte er nach Österreich zurück. Ende der 70er Jahre wandte er sich dem Journalismus zu, zunächst als Redakteur der Zeitung der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Über den Kontakt mit ungarischen Oppositionellen begann er sich wieder intensiver mit diesem Land zu befassen. Seit Viktor Orbans Wiederwahl 2010 hatten auch wir die wunderbare Möglichkeit, Karl Pfeifer immer wieder um seine Analyse zu bitten. Karl las und sprach selbstverständlich ungarisch, verfolgte die dortigen Debatten intensiv, und verstand sie pointiert darzustellen. Er wies auf die Ungeheuerlichkeiten alltäglichen Antisemitismus, Antiziganismus, Neoliberalismus und Nationalismus (nicht nur) in Ungarn und ihre Verflechtungen hin, auch dort, wo sie in den internationalen Medien weniger Beachtung fanden, wo die Zusammenhänge komplizierter waren – und auch, wo er sich teils massiven Anfeindungen ausgesetzt sah. Er ließ sich nicht ideologisch festnageln, sondern fand sich immer wieder "zwischen allen Stühlen" wieder. Er fehlt uns als kenntnisreicher und couragierter Journalist mit Rückgrat und als liebenswerter und kooperativer Kollege.

Seine Lebenswege angemessen zu schildern würde mehrere Sendungen füllen. Diese hier ist ganz besonders Karl Pfeifers Berichterstattung über Ungarn gewidmet - das Land, aus dem seine Eltern stammten, in das sie mit ihm in seiner Kindheit flohen, und das am Beginn und immer wieder im Zentrum seiner journalistischen Laufbahn - darunter auch seiner Korrespondententätigkeit für RDL - stand.

Nachdem der geplante Sendetermin kurzfristig verschoben werden musste, ist die Sendung nun am Mittwoch, den 29. März um 20h und am Donnerstag, 30. März um 13h zu hören.