Erste Ausstellung über die „vergessenen Opfer“ des Holocaust im Europäischen Parlament

Erste Ausstellung über die „vergessenen Opfer“ des Holocaust im Europäischen Parlament

Romeo Franz und EU-Kommissarin Helena Dalli erinnern an Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Schwarze Menschen und Opfer der "Euthanasie"-Morde

In der Woche, in der an den Aufstand der Jüdinnen und Juden gegen die nationalsozialistischen deutschen Besatzer im Warschauer Ghetto vor 80 Jahren erinnert wurde, hat das Europäische Parlament vom 17. bis zum 20. April 2023 zum ersten Mal auch eine Ausstellung über die „vergessenen Opfer“ des Holocaust gezeigt. Während der Shoah, der ermordeten europäischen Jüdinnen und Juden und ihres mutigen Widerstands in einer Plenarsitzung des Parlaments gedacht wurde, organisierte der Europaabgeordnete Romeo Franz, dessen Familie den Holocaust überlebt hat und dessen Großonkel in Auschwitz ermordet wurde, die erste Ausstellung über Opfergruppen der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung, die im europäischen Gedächtnis lange Zeit übersehen wurden. 

Die Ausstellung im Emilio-Colombo-Saal am Straßburger Sitz des Europäischen Parlaments thematisierte vier vergessene Gruppen der nationalsozialistischen Verfolgung: Der Völkermord an den europäischen Sinti und Roma forderte bis zu 500.000 Opfer. Die Täter waren Einheiten der SS und der deutschen Wehrmacht sowie deutsche Verbündete im nationalsozialistisch besetzten Europa. Unter den Ermordeten war Romeo Franz’ Großonkel Vinko Paul Franz, der in der vom VDSR-BW in Kooperation mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas zur Verfügung gestellten Ausstellung zu sehen war. Es handelt sich dabei um eine mobile Variante der noch von Dani Karavan entworfenen neuen Dauerausstellung am Berliner Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas. Auf dem Gelände des Denkmals erklingt die von Romeo Franz komponierte Musik, bei der Aufnahme spielte dieser mit dem Geigenbogen von Vinko Paul Franz. 

Von den etwa 35.000 Zeugen Jehovas (auch Bibelforscher genannt) in Europa wurden mehr als die Hälfte wegen ihres Widerstands gegen den Rassismus und ihrer Weigerung, Kriegsdienst zu leisten, grausam verfolgt, etwa 1.800 wurden ermordet. Eine große, noch immer unbekannte Zahl von Schwarzen Menschen wurde Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und des Holocaust, aufgrund der rassistischen Ideologie der Nazis oder als Mitglieder von Widerstandsbewegungen in Europa. Etwa 300.000 Menschen, Patientinnen und Patienten in „Heilanstalten“ und andere Kranke oder Behinderte, die von den Nazis als „lebensunwert“ eingestuft wurden, fielen dem so genannten „Euthanasie“-Mordprogramm in Europa zum Opfer. 

Diese erste Ausstellung im Europäischen Parlament überhaupt, die an die “vergessenen Opfer” des Holocaust erinnert, wies den Weg zu einer inklusiveren europäischen Erinnerungskultur. Die Abegeordneten mehrerer Länder wie Slowenien und Rumänien zeigten Interesse an einer Übernahme der Ausstellung durch die jeweiligen nationalen Parlamente.

Am gestrigen 22. Mai wurde der Opfer des NS-Terrors im Jahr 1940 gedacht. Aus Baden-Württemberg wurden am 22. Mai 1940 2.500 Menschen, Angehörige der Sinti und Roma von Asperg aus, wo sich das Sammellager befand, nach Auschwitz deportiert.

(Landesvertretung BaWü-Sinti Powerclub e.V./ Verband deutscher Sinti und Roma - Landesverband Baden-Württemberg)