Am gestrigen Mittwoch morgen hat das Europäische Parlament die Plenumsdebatte über die Empfehlungen des Parlaments an die Kommission für die Freihandelsverhandlungen mit den USA vertagt. Buchstäblich in letzter Minute, sprich am Morgen, an dem die Debatte stattfinden sollte, stimmte eine äusserst knappe Mehrheit der Europaabgeordneten für die Verschiebung der Debatte auf einen unbestimmten Zeitpunkt. 183 Europaabgeordneten, vor allem der Konservativen, Christdemokraten und Liberalen stimmten für die Verschiebung der Debatte. Mit lediglich zwei Stimmen Vorsprung überstimmten sie die GegnerInnen der Verschiebung: Grüne, Linke, Rechtsradikale, die die TTIP-Verhandlungen mit den USA grundsätzlich ablehnen, sowie ein Teil der Sozialdemokraten.
Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz (Sozialdemokraten) hatte bereits am Dienstag abend kruzfristig die für den gestrigen Mittwoch geplante Abstimmung über den momentan verhandelten Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA vertagt. Dabei hatte er sich auf eine selten angewandte Regel berufen, wonach er den zuständigen Ausschuss auffordern kann, sich erneut mit der Überprüfung der Änderungsanträge zu befassen, wenn zu viele Anträge vorliegen. Er sprach von rund 200 Änderungsanträgen und getrennten Abstimmungen zum Bericht über TTIP. Der zuständige Ausschuss über internationalen Handel solle sich damit am 15. und 16. Juni befassen, bevor im Plenum darüber abgestimmt wird.
Die kurzfristig Umentscheidung der Europaabgeordneten zeigt, dass das Thema heikel ist. TTIP-GegnerInnen lehnen die Verhandlungen grundsätzlich ab. Sozialdemokraten, Liberale, Christdemokraten und Konservative hingegen wollen Empfehlungen an die Kommission formulieren, worüber verhandelt werden darf und worüber nicht. Insbesondere Sozialdemokraten lehnen die Einrichtung von umstrittenen internationalen Schiedsgerichten ab, sind jedoch offen für ein Freihandelsabkommen mit den USA.