Vermutlich am Donnerstag wird das EU-Parlament eine Resolution beschließen, in der ein wie es heißt „vorübergehendes Einfrieren“ der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefordert wird. Darauf haben sich Vertreterinnen der Europäischen Volksparteien, der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Grünen im Europäischen Parlament gestern geeinigt. Das EU-Parlament möchte damit auf den zunehmend autoritären Kurs des türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan reagieren. Das Fass zum Überlaufen brachte dabei die Inhaftierung der beiden Vorsitzenden der prokurdischen HDP, Selahattin Demirtas (demirtasch) und Figen Yüksekdag (jük-sek-daa das g ist stumm), sowie weiterer Parlamentarier vor drei Wochen.
Der Vorstzende der Liberalen im EU-Parlament Guy Verhofstadt sagte, die Fortführung der Beitrittsverhandlungen würden „zu einer Hypothek für die Glaubwürdigkeit der EU.“ Aus der Fraktion der Europäischen Volksparteien kam die Forderung, auch die Finanzmittel einzufrieren, die einer Annäherung der Türkei an die EU dienen. Die grüne Abgeordnete Ska Keller forderte, auch den geplanten Ausbau der Zollunion mit der Türkei zu stoppen, denn das würde „Erdogan wirklich treffen“, so Keller. Siehe Bericht und Interview auf der Webseite von Radio Dreyeckland.
Die Resolution des EU-Parlamentes hätte keinen bindenden Charakter. Dem Einfrierung der Beitrittsverhandlungen müssten 16 der 28 EU-Staaten, die auch mindestens 65 % der EU-Bevölkerung vertreten zustimmen. Nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini gibt es derzeit keine solche Mehrheit der EU-Staaten. Nach Mogherini wäre der beste Weg um die Demokratie in der Türkei zu unterstützen, „die Kanäle offenzuhalten“, also so zu tun als sei nichts geschehen. Der Britische Außenminister Boris Johnson hat der Türkei sogar jüngst die Unterstützung seines Landes bei der EU-Mitgliedschaft angeboten. Das wäre dann nach dem Brexit.