Gewaltfreier Kampf um Energie-Wende | Kohlekraftwerk Datteln 4 besetzt

Gewaltfreier Kampf um Energie-Wende | Kohlekraftwerk Datteln 4 besetzt

Über 150 AktivistInnen von 'Ende Gelände' und 'DeCOALonize Europe' haben am Sonntag, 2. Februar, das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 im Ruhrgebiet gewaltfrei besetzt. Selbst die im Interesse der Energie-Konzerne unausgewogen besetzte "Kohlekommission" hatte sich gegen die Inbetriebnahme des 1100-Megawatt-Kraftwerks ausgesprochen.

Ohne größere Schwierigkeiten gelangten die AktivistInnen auf das Gelände und entrollten Transparente auf zwei Verladeanlagen. Aufgerufen zu dem Protest hatten die Aktions-Bündnisse 'Ende Gelände' und 'DeCOALonize Europe'. Die Polizei zog nach eigenen Angaben "starke Kräfte" zusammen. Die Aktion wurde nach 9-stündiger Besetzung freiwillig beendet. Der Energie-Konzern Uniper (vormals E.on) stellte Strafantrag wegen Hausfriedensbruch.

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch, 29. Januar, ein Fake-Gesetz verabschiedet, das angeblich den Kohle-Ausstieg regeln soll. Dieses Gesetz sichert jedoch vor allem den Weiterbetrieb der bestehenden Braun- uns Steinkohle-Kraftwerke für die laufende Legislaturperiode. Zugleich bewilligte die Bundesregierung die Inbetriebnahme von Datteln 4.

Klagen gegen den Bebauungsplan hatten das Projekt Datteln 4 um einige Jahre verzögert. Anfang 2017 wurde eine Sondererlaubnis zur Fertigstellung und zum Betrieb von Block 4 erteilt. Seit ein paar Wochen läuft es in einer Art Testbetrieb. Und nun wurde hinter der Nebelwand eines vermeintlichen Kohle-Ausstiegs die formelle Inbetriebnahme von Datteln 4 erlaubt.

Der weit überwiegende Teil des versprochenen Kohle-Ausstiegs soll in den Jahren 2030 und 2038 erfolgen - Zeit genug, um nach dem Vorbild des im Jahr 2010 versuchten "Ausstiegs aus dem Atom-Ausstieg", die Betriebsgenehmigungen zu verlängern. Hauptsächlich ist das beschlossene Gesetz zum "Kohle-Ausstieg" real eine Subventionierungs-Gesetz, denn aus dem Füllhorn der Steuergelder sollen in den kommenden Jahren 40 Milliarden Euro an sogenannten Strukturhilfen ausgeschüttet werden. So erhält beispielsweise der ostdeutsche Leag-Konzern als "Kompensation" 1,75 Milliarden Euro, ohne daß dieser dafür seine Kraftwerke nennenswert früher schließen muß.

Die heutige Besetzung von Datteln 4 ist als Antwort der Klima-Bewegung auf das Fake-Gesetz zum "Kohle-Ausstieg" zu werten. Kathrin Henneberger, die Sprecherin von 'Ende Gelände', sagte heute vor Ort: "Wir zeigen, daß wir es ernst meinen. Wir lassen es der Politik nicht durchgehen, daß 2020 ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht. Wir können unmöglich weitere 18 Jahre Kohle verbrennen. Wenn wir nicht sofort aus allen fossilen Energien aussteigen, rasen wir ungebremst auf eine 4 bis 6 Grad heißere Welt zu."

Das Aktions-Bündnis 'Ende Gelände' wies zudem heute auf die verheerenden Abbau-Bedingungen der Kohle in Kolumbien und Rußland hin. Die in deutschen Steinkohle-Kraftwerken verbrannte Kohle stammt überwiegend von dort. Der Kohleabbau in Australien und die dort mit gigantischen Buschbränden sichtbaren Folgen der Klima-Krise erlangten gerade kürzlich weltweite mediale Beachtung.

Aleksandra Koroleva von der russischen Umwelt-Organisation 'Ecodefense' war ebenfalls vor Ort: "Auch in Datteln 4 wird Kohle aus Rußland verbrannt - beispielsweise aus der Region Kuzbass in Sibirien. Die Menschen leiden dort unter schweren gesundheitlichen Folgen der Tagebaue. Proteste gegen den Kohleabbau werden brutal unterdrückt. Trotzdem hat Deutschland 2019 doppelt so viel Kohle aus Rußland importiert wie im Jahr davor. Das macht alle politischen Bemühungen um Klimaschutz zur Farce."

Die Umwelt-AktivistInnen kündigten weitere Aktionen gegen den Betrieb von Dattel 4 an. Es wird für den Konzern Uniper nahezu unmöglich sein, aus dem Kraftwerksgelände einen Hochsicherheitstrakt zu machen. Auch deswegen, weil Datteln 4 direkt am Dortmund-Ems-Kanal liegt. Die Kohle für das Kraftwerk wird mit Schiffen über das Wasser angeliefert. Umwelt-AktivistInnen haben bereits damit begonnen, Flöße zu bauen.