In Stuttgart stehen Geschäftsführer von Heckler & Koch vor Gericht: "Heckler-Gate" weitet sich aus*

"Heckler-Gate" weitet sich aus*

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Am 15. und 17. Mai stand der ehemalige Präsident des Rottweiler Landgerichts und späterer Heckler&Koch-Behördenbeauftragte Peter Beyerle zum ersten Mal vor Gericht. Ihm und fünf weiteren Personen wird vorgeworfen illegale Waffendeals mit mehr als 10.000 G36-Sturmgewehren nach Mexiko eingefädelt zu haben.

Joachim Meurer war, wie Beyerle, Geschäftsführer bei Heckler und Koch. Beide versuchten gerade ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, indem sie ihren verstorbenen Kollegen Axel Haas belasten, berichtet Jürgen Grässlin, der den ersten Prozesstag begleitete.

Anzeichen und Belege dafür, dass die Verstrickungen bis ins Bundeswirtschaftsministerium reichten, würden bisher von der Staatsanwaltschaft Stuttgart geflissentlich ignoriert. "Da gehören zahlreiche Vertreter des Bundesausfuhramtes und vor allem des Bundeswirtschaftsministeriums auf die Anklagebank aber da hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart sich schon mal schützend über die Beamten der Kontrollbehörden gestellt", so bewertet Jürgen Grässlin den Sachverhalt.

Außerdem wurde durch Recherchen des Journalisten Daniel Harrich (Report Mainz) bekannt, dass der ehemalige Richter Peter Beyerle Einfluss auf die Vergabe von Exportgenehmigungen genommen haben soll. Außerdem sollen weit über zehntausend Euro an CDU und FDP geflossen sein.

Für die FDP soll Ernst Burgbacher der Ansprechpartner Beyerles gewesen sein. "Ernst Burgbacher war zu dieser Zeit, als die Mexiko-Deals liefen, nicht nur Wahlkreisabgeordneter der FDP, er war Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, das heißt, in der Behörde, die maßgeblich die Rüstungsexporte (...) bis heute genehmigt" – so beschreibt es Grässlin im Interview.

Volker Kauder, CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender und Wahlkreisabgeordneter für Rottweil, soll auf die Genehmigung von Waffenexporten Einfluss genommen haben. Dem Fernseh-Magazin Report Mainz vorliegende E-Mail-Verläufe sollen dies belegen. Diese sollen zeigen, dass der Behördenbeauftragte Beyerle, aufgrund stockender Geschäfte, Spendengelder für CDU/CSU bei H&K einsammelte. Besonders brisant: Volker Kauder gilt als rechte Hand Angela Merkels. Merkel wiederum leitet den Bundessicherheitsrat und kann in dieser Funktion Waffenexporte genehmigen. "Er (Beyerle) wird natürlich sagen, das ist nicht Korruption, das ist Parteispende (..) ich nenne es Korruption, weil's ganz augescheinlich einen direkten Zusammenhang gibt zwischen den von Beyerle intendierten Parteispenden, dem Verhalten eines Volker Kauder und den Beschlüssen zu Gunsten von neuerlichen Waffenexporten nach Mexiko durch Angela Merkel als Kanzlerin. Hier zeichnet sich Heckler-Gate ab", so Jürgen Grässlins Einschätzung dazu.

Ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Luft um die ehemaligen H&K-Manager dünner wird, könnte das unkontrollierte Verhalten Peter Beyerles und seines Anwalts außerhalb des Gerichtssaal sein. Als ein Report Mainz-Team die beiden auf dem Weg zur Tiefgarage ansprach, sollen sie die Journalisten attackiert, ihnen Finger verdreht und nach Kameras gegrapscht haben, bevor sie standesgemäß im roten Cayenne abrauschten (siehe Link unten).

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Völlig anders bewerten den Sachverhalt dagegen die Anwälte von Ernst Burgbacher, ehemaliger FDP-Wahlkreisabgeordneter und Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministierum.  Diese kontaktierten uns am 28.05.2018 und forderten uns unter Androhung rechtlicher Schritte auf, binnen 26 Stunden eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Leider haben sie uns aber ausdrücklich untersagt, ihre Darstellung wörtlich oder auch nur sinngemäß zu zitieren.

* der obige Text wurde nach Kenntnisnahme möglicher Missverständnisse in Bezug auf teilweise vermeintliche, teilweise unrichtige Tatsachenbehauptungen an mehreren Stellen geändert.
"Wir legen Wert auf die Feststellung, dass Radio Dreyeckland selbst nie behaupten wollte oder hat, dass der seinerzeitige FDP-Abgeordnete und Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Burgbacher auf Waffengenehmigungen für Heckler und Koch Einfluss genommen oder gar Spenden zum Zweck der Beinflussung der Genehmigungen erhalten oder gefordert hat. Soweit Ernst Burgbacher diesen Eindruck gewinnen konnte, bedauern wir das."
K.-Michael Menzel, Geschäftsführer Radio Dreyeckland Freiburg, 31.5.2018 9:17 Uhr

Im Bericht von Report Mainz korrigiert sich im übrigen die Staatsanwaltschaft Stuttgart dahingehend, dass ein Verfahren gegen die jetzt Angeklagten von Heckler&Koch wegen Inlands-Bestechung bereits am 20.1.2017 nach § 154 Abs.1 StPO vorläufig eingestellt worden sei. Volker Kauder hat nach eigenem Bekunden laut dem gleichen Bericht in diesem Verfahren einen Fragebogen der Staatsanwaltschaft beantwortet. Vergleichbare Fragenbogen-Auskünfte soll auch Ernst Burgbacher gemacht haben. 
Nach § 154 Abs. 3 StPo kann ein vorläufig eingestelltes Strafverfahren im Fall des Wegfalles der erwartetenden Strafe einer höher bewertenden deliktischen Strafrahmens dann wieder aufgenommen werden, wenn es nicht eintritt. Allerdings nur, wenn nicht zwischenzeitlich die Verjährung eingetreten ist.(kmm)