Wie der Fernsehsender CNN International aufgrund einer nicht namentlich genannten Quelle berichtet, hat ein führender Vertreter der Hizbollah im Libanon dem Richter Tarek Bitar eine Drohung zukommen lassen. Der Inhalt der Drohung ist vage formuliert, aber am Ende steht, dass man sich notfalls seiner „bemächtigen“ werde. Urheber der Drohung soll Wafiq Safa sein. Wafiq Safa wurde von den USA beschuldigt, Schmuggel über die Häfen und Grenzen des Libanon zu betreiben. Im Hafen lagerte über lange Zeit unzureichend gesichertes Ammoniumnitrat, das sich als Dünger aber auch als Sprengstoff verwenden lässt. Am 4. August 2020 explodierte der Stoff in einer gewaltigen Explosion, die den gesamten Hafen ruinierte. Mindestens 218 Menschen starben und rund 7 000 wurden verletzt. Nun wehrt sich das Establishment des Libanon gegen eine genaue Untersuchung des Vorfalls. Bitars Vorgänger wurde auf Antrag zweier Minister abberufen. Auch Bitar geriet alsbald unter erheblichen Druck. Der Führer der Hizbollah, Hassan Nasrallah beschuldigte ihn, die Untersuchung zu „politisieren“. Dutzende Parlamentsabgeordnete, darunter alle der Hizbollah, haben seine Abberufung verlangt. Die Untersuchung sollte stattdessen von einem „juristischen Rat“ übernommen werden. Ein solches Gremium war bisher im Libanon unbekannt.
Der Libanon wurde schon vor der Explosion von einer schweren Wirtschaftskrise heimgesucht. Die Wirtschaftskrise hat verschiedene Ursachen, eine davon ist jedoch, dass im Libanon die Politik beherrschende religiöse Proporz-System. In diesem haben sich seit langem korrupte Eliten häuslich eingerichtet. Das libanesische Pfund hat in den letzten Jahren 90 % seines Wertes verloren. Entsprechend sind große Teile der Bevölkerung in dem einst reichen und kulturell vielfältigen Land in die Armut abgeglitten. Eine breite Protestbewegung gegen das politische System blieb im Libanon wie im Irak erfolglos.