Im Kampf gegen die globale Kinomafia – oder: Das Cinema Guimbi darf nicht sterben!

Im Kampf gegen die globale Kinomafia – oder: Das Cinema Guimbi darf nicht sterben!

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Ein Kino fuer Burkina Faso: Unterstuetzer-Plakat fuer das Cinema Guimbi
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Im Kampf gegen die Kinomafia – oder : Das Cinema Guimbi darf nicht sterben !

 
Vor etwa vier Jahren hatte ich in hier im Cannes-Blog von der Initiative « Des Cinémas pour l’Afrique» berichtet, die sich für die Wiedereröffnung geschlossener Kinos in afrikanischen Ländern einsetzt. Der afrikanische Film hat naheliegenderweise keine Chance, wenn er kein Publikum findet. Jedes Land aber sollte die Möglichkeit haben, seine eigenen Filme zu produzieren und seine eigenen Geschichten zu erzählen, statt nur Blockbuster aus den USA und aus Asien zu importieren. Auch die können Spaß machen, keine Frage, aber auf Dauer ist es sicherlich für ein anspruchsvolles und aufgeschlossenes Publikum unbefriedigend, wenn im Kino ausschließlich Importe aus anderen Kulturkreisen zu sehen sind. Und wenn in einem Land die eigene Filmkultur stirbt, geht oftmals über kurz oder lang auch die Kinokultur verloren, und das Bedürfnis, intelligente Filme im Kino zu sehen, muss der Allmacht des Fernsehens weichen.

Hie und da sind afrikanische Filme zwar auf den internationalen Festivals zu sehen (beispielsweise der Wettbewerbsbeitrag « Grigri » des Regisseurs Mahamat-Saleh Haroun aus dem Tschad dieses Jahr in Cannes) - aber welchen Sinn macht es, wenn diese Filme ihre Wanderschaft durch die Festivals antreten und dort nur von einem Fachpublikum wahrgenommen werden, sie aber in ihren Heimatländern nirgendwo zu sehen sind ?

Der Einwand, dass es eben an den Filmen selbst liege, wenn niemand sie in ihren Produktionsländern sehen will, greift dabei zu kurz. In vielen Ländern, auch einigen in der westlichen Welt, sind die Verwertungsketten in fester Hand, Firmen, die Filme produzieren, besitzen oft auch Kinoketten oder Anteile daran, wie zum Beispiel seinerzeit die Ufa, Pathé oder einige US-Studios, und auch Kinoriesen wie Cinemaxx in Deutschland werden häufig gezwungen, von den produzierenden Studios ganze Pakete zu buchen, statt nur Einzelfilme zu bekommen. So kann ein Kinobetreiber gezwungen werden, wenig erfolgreiche Filme eines großen Produzenten mitzubuchen, wenn er einen Blockbuster wie Harry Potter oder dergleichen buchen will. Diese Mainstream-Pakete aber blockieren die Kinos, die Studios bekommen so auch für manche ihrer Flops die Produktionskosten wieder zurück, gleichzeitig hat es den netten Nebeneffekt, dass die Leinwände belegt sind und weniger Filme der Konkurrenz gezeigt werden können.
Wer Trumpfkarten wie zum Beispiel « Biss zum Morgengrauen » oder « Der Hobbit » zu bieten hat (die Beispiele sind wahllos gewählt), kann so den Kinoketten eine Menge anderen eigenen Kram mit andrehen, wenn ihm nicht sowieso schon Anteile an den Kinos gehören. Und da der Kinomarkt sich immer stärker monopolisiert und internationalisiert, haben in vielen ärmeren Ländern die einheimischen Produktionen und Independents keine Chance mehr, auf die Leinwand zu kommen. Warum sollte ein US- oder ein japanischer Kino-Riese lokalen Filmen eine Leinwand geben, wenn er direkt oder indirekt mit den Konzernen verbunden ist, die ihm die internationalen Blockbuster liefern ?

Bleiben nur kleine Kinos im Stile der Arthouse-Programmkinos oder Kommunale Kinos. Die ersteren sind in vielen ärmeren Ländern in den Jahren des großen Kinosterbens verschwunden, letztere gibt es fast nur in Europa.
Genau solche Strukturen aber werden gebraucht, um eine regionale Filmkultur wiederzubeleben – Kinos, die durch Unterstützung von außen auch Filme zeigen können, die speziell für ein kleineres Publikum, für anspruchsvolle KinogängerInnen oder für Minderheiten interessant sind, oder Filme in Minderheitensprachen.
In Jenin in Palästina ist vor einiger Zeit ein derartiges Kino entstanden, das neben Filmen auch für Kulturveranstaltungen offen ist, in das Regisseure eingeladen werden können, in dem Retrospektiven und thematische Filmreihen ihren Platz finden. RDL hatte bereits mehrfach über das « Cinema Jenin » berichtet.

In Afrika sieht die Situation, außerhalb Südafrikas und Nordafrika, nicht gut aus, in zahlreichen Ländern gibt es gar keine Kinos mehr, und die afrikanische Filmproduktion geht immer mehr zurück. Am ehesten noch gibt es ein afrikanisches Kino in den francophonen Ländern, aber dort entstehen fast nur noch französische Koproduktionen, bei denen die Interessen und die Vorlieben der ehemaligen Kolonialmacht bei der Auswahl der Stoffe und der Gestaltung der Produktionen natürlich die entscheidende Rolle spielen.

Neben der Initiative “Des Cinémas pour l’Afrique”, für die sich der renommierte Regisseur Abderrahmane Sissako aus Mali und die französische Schauspielerin Juliette Binoche einsetzen, ist mir dieses Jahr in Cannes eine weitere Organisation begegnet, die sich im Gegensatz zur ersteren gezielt regional einsetzt: Unter dem Motto “Il faut sauver le ciné Guimbi!” (auf deutsch etwa: Das Kino Guimbi muss gerettet werden!) kämpft die Organisation “Association du soutien du cinéma au Burkina Faso” für die Wiedereröffnung eines großen alten Kinos in der Stadt Bobo-Dioulasso in Burkina Faso, der zweitgrößten Stadt des Landes, in der kein einziges Kino mehr existiert.
Der international erfolgreiche Regisseur Gaston Kaboré, der in der Stadt groß geworden ist, erinnert sich daran, wie er in dem Kino in den 60er und 70er Jahren die Filmkunst aus seiner Heimat und aus aller Welt kennenlernen durfte und so damals den Wunsch entwickelte, selbst Regisseur zu werden. Kaboré wurde später in die Jurys der Festivals von Venedig, Cannes oder der Berlinale eingeladen und ist einer der weltweit wichtigsten Vertreter des afrikanischen Kinoschaffens.

Filme von und Filme für Frauen, für Minderheiten, für Jugendliche, die Stärkung der regionalen Filmkultur, ein Medienzentrum für Bildungsarbeit, ein Raum für ein eigenes Filmfestival, alles das soll möglich werden, falls es der Initiative gelingen sollte, das geschlossene Kino zu kaufen, zu renovieren und wiederzueröffnen. Die beiden Säle haben 156 und 306 Sitzplätze. Wer helfen will, kann für 300 Euro die Patenschaft für einen Kinosessel erwerben oder für 20 Euro ein Unterstützer-T-Shirt für das Cinéma Guimbi erwerben, so die Organisatoren der Initiative. Die Programmsektion “La Quinzaine des Réalisateurs” hier in Cannes und Acid, der Verband des Independent-Films, sind offizielle Unterstützer der Initiative.

Weitere Informationen finden sich unter: www.cineguimbi.foliokit.com

Alexander Sancho-Rauschel