Istanbul: Protest gegen neuen Rektor wird mit landesweiter Polizeiaktion beantwortet

Istanbul: Protest gegen neuen Rektor wird mit landesweiter Polizeiaktion beantwortet

Gestern hat die Polizei in einer gleichzeitigen Großaktion in dreizehn verschiedenen Kreisen in der Türkei 24 Häuser durchsucht. Ziel war die Festnahme von 28 Studierenden der Bosporus Universität in Istanbul. 17 von ihnen konnte die Polizei tatsächlich festnehmen. Grund der Suche war eine Auseinandersetzung um den von Präsident Recep Tayyip Erdogan neu eingesetzten Rektor der Bosporus Universität. Erstmals seit dem Militärputsch von 1980 wurde ein Professor von außerhalb der Universität eingesetzt. Der am 2. Januar eingesetzte neue Rektor Melih Bulu, war zuvor Kreisvorsitzender und Parlamentskandidat für Erdogans AKP gewesen. Er wurde aber nicht ins Parlament gewählt. Als Studierende auf den zur Zeit geschlossenen Campus der Universität wollten, um gegen die Anwesenheit des neuen Rektors zu protestieren, kam es am von der Polizei abgesperrten Tor des Campus zu einem Handgemenge. Danach wurden bereits mehrere Studierende in Handschellen abgeführt. In der Folge setzte die Polizei zur Suche nach anderen mutmaßlichen Teilnehmer*innen des Protests an ihren Heimatadressen im ganzen Land ein.

 

In der vom Militär verfassten Verfassung von 1983 war festgelegt, dass die Universität drei Kandidat*innen für das Rektorat wählt, aus denen der Staatspräsident einen auswählen konnte. Oft war es die Person mit den wenigsten Stimmen. Unter Erdogan wurde selbst das Vorschlagsrecht der Universitäten abgeschafft. Erdogan kann einsetzen, wen immer er will. Die Bosporus-Universität ist nach dem Ranking die wissenschaftlich erfolgreichste Universität der Türkei. Sie war im Jahr 2017 auch die erste Universität in der Türkei, die es wagte, öffentlich gegen die politisch motivierte Entlassung zweier Professor*innen zu protestieren. Die Entlassenen hatten einen Friedensappell unterschrieben.