Kripo Freiburg: Bestechung/Bestechlichkeit + Geheimnisverrat mit 2 Jahren auf Bewährung geahndet

Kripo Freiburg: Bestechung/Bestechlichkeit + Geheimnisverrat mit 2 Jahren auf Bewährung geahndet

Ein Schöffengericht des AG Freiburg hat unter Vorsitz des RiAG Petersen nach mehrstündiger Verhandlung und vorliegenden Geständnissen am Donnerstag den 17.10.2013 sowohl den ehemaligen Polizisten Michael U., wie den Luxuskarossenhändler Michael S zu jeweils 2 Jahren auf Bewährung (2 bzw. 3 Jahre) wegen Bestechung/Bestechlichkeit und Geheimnisverrat bzw. Anstiftung dazu in mindestens 56 Fällen verurteilt. Die Helferin von Michael S., kam Dank des geringen Strafantrages der Staatsanwalt mit 180 Tagessätzen davon.

Seit dem „Beitritt Spaniens in die EU“ hat der Kaufmann Michael S. das Geschäftsmodell entwickelt, gecrashte Karossen des oberen Preissegmentes billig aufzukaufen und nach (fachlich einwandfreier) Reparatur dann in das Ausland teuer zu verkaufen. Zunächst in den ersten 2 ½ Jahren nach Spanien, später nach Polen unter Mithilfe der Kontakte eines hochgestellten Regierungsbeamten.
Zwecks Optimierung de Geschäftsmodells bei Luxuskarossen wie Lamborghini usw. nutzte er seit über einer Dekade die Kontakte in den Kriminaldauerdienst der Kripo Freiburg, um schneller als andere an die Halter heranzukommen.
Mindestens vor Beginn des neuen Jahrtausends bekam er zunächst Halteradressen, dann auch Kennwörter des Polizeicomputersystems zur eigenständigen Abfrage bei den Datenstationen des Polizeilichen Informationssystems. Die Informationen wurden aus einer Dienstgruppe im kriminalpolizeilichen Dauerdienst geliefert: von dem Vorgesetzten der Dienstgruppe der Kripo H., der wegen Verjährung nicht belangt wurde, aber suspendiert ist. Zunächst 100 DM je Halterabfrage später monatlich 200 € waren ihm diese Information wert, die Ihm nach Eigenbekunden einen Nettogewinn von 8-10.000 € je Luxuskarosse generierten, deren Reparatur von den Abnehmern in Spanien/ Polen vorfinanziert wurden.
Zunächst bis 2002 war der – immer noch im Polizeidienst befindliche - Empfänger der Dienstgruppenleiter H. im polizeilichen Kripo-Dauerdienst. Die Informationsweitergabe erfolgte in der Dienstgruppe vor allen Augen - so auch vor dem jetzt angeklagten Ex-Polizisten U. und einem weiteren KHK namens B. . Der dienstvorgesetzte Kriminalbeamte H. kam zum Kassieren gerne auch in Begleitung seines jetzt verurteilten damalig unterstellen Kollegen U. Dieser – U. - holte später sein Geld im Austausch gegen Halterdaten bzw. Kennwörter auch gerne in Kollegen-Begleitung mit Dienst PKW von Helferin L. ab.
2002 bei einem anberaumten Treff im Hauptbahnhof Freiburg kam es zu einer abrupten Unterbrechung der Geschäftsbeziehung zu Kaufmann Michael S. durch den Kripobeamten H.. Im Beisein des U. griff er Ihn wegen eines seit 2001 laufenden Ermittlungsverfahrens der Landespolizeidirektion hart an. Dem Dienstgruppenleiter H. wurde also das Gebaren von Michael S., der auch 2002 für einen Versicherungsbetrug just mit dem verunfallten BMW des Kripobeamten H. abgeurteilt wurde, erkennbar zu heiß. Schon damals aber hatte die Ermittlungsgruppe gegen den Händler Michael S. dessen Notizbuch beschlagnahmt. Dies wies den später in 2002 verurteilten Michael S. als Kenner der Passwörter des polizeilichen Infosystems aus und dokumentierte Tipps für dessen Abfragen. Offen bleibt, weshalb die damalige Ermittlungsgruppe Waldvogel diese Hinweise damals nicht weiterverfolgte?
Die zwei Verurteilungen auf Bewährungen gegen Michael S. wegen Versicherungsbetrug (2002) und wegen hinterzogener Gewerbe- und Körperschafts- wie Umsatzsteuer (2005) scheinen jedoch nur zu einer Optimierung der Informationsbeschaffung seines Geschäftsmodell geführt zu haben.

Statt an H. trat nun Geschäftsmann Michael S. an den schon mit seinem Informationsbedürfnis wie Zahlungsbereitschaft vertrauten damaligen Kripobeamten aus der Dienstgruppe des H. . Michael U. heran, um die monatlich wechselnden Kennwörter für die Abfrage des Polizeisystems und des Einwohnermeldeamtes zu erhalten. Mit diesen erfragte er dann unter dem Decknamen „Braun“ via „Geheim“-Prepaid-Handy auf den Namen Peirerra die für ihn wichtigen Informationen zu verunfallten Luxuskarossen und ihren Haltern. Spätestens immer dann, wenn er mit der Abarbeitung eines Auftrages aus Polen zu Ende kam. Die monatliche Bezahlung und Kontaktaufnahme zur Weiterleitung der Kennwörter erfolgte spätestens ab 2005 – so die Überzeugung des Gerichtes - über die mit abgeurteilte L.. Diese hielt den Kontakt zum Ex- Kripobeamten U. per SMS und stellte über den Briefkasten ihrer Wohnung in der Ferdinand Kopf Str. zur Verfügung, um den Geldumschlag an U. auszuliefern. Danach brachte U. die Kennwörter in die Tennbacherstr. unter den „Büro“-Laptop des Michael S..
Erst nach über 5 Jahren flogen durch einen Warnhinweis der Polizeidatenstelle Rottweil im Dezember 2010 die unbefugten Datenabfragen des Luxuskarossenhändlers Michael S. auf. Sowohl die Polizeidatenstellen in Konstanz wie in Offenburg meldeten eine ähnliches Abfragemuster . Die bei der LPD darufhin eingerichtete Ermittlungsgruppe konnte bei Telefonüberwachungen am 13.4.2011 die Identität des Michael S.feststellen. Ihn verriet die Unvorsichtigkeit über das eigentlcih annonyme Prepaid-Handy aus einen Finanzamtbriefs an sich in einem Telefonat mit seiner Vertrauten L. („Sie hat mir geholfen mich zu dem Erfolgreichen zu entwickeln, der ich heute bin“) vorzulesen. Weitere Observationen zwischen Mai und August sowie richterlich angeordnete Telefonüberwachungen ergaben Beweise gegen die Vertraute L. und den Kriminalbeamten Michael U. Mehrere gleichzeitige Durchsuchungen am 10.8.11 und die einwöchige Untersuchungsinhaftierung des Selfmade Luxushändlers Michael S. lockerten dessen Zunge und förderten weitere Belege wie die Kennwörter bis zurück in 2005 in einem Notizbuch und Telekommunikationsdaten zu den Kontakten unter den Dreien ans Licht.
Bei den Strafzumessungen berücksichtigte das Gericht, dass Michael U. nach 29 Jahren im Polizeidienst, im Unterschied zu seinem Dienstvorgesetzten und weiteren eingeweihten Kollegen seiner Dienstgruppe nach seiner Suspendierung im August 2011 selbst bei der Kripo kündigte auf Ende April 2011und nicht mit reduzierten Gehalt bis zum Rausschmiss wartete. Zwar hat er eine neue Anstellung seit Mai 2012 - zugleich aber scheiterten seine Privatbeziehungen zu Frau und Kindern komplett. Michael S. glaubt jetzt ohne die Informationen aus Polizeicomputern bei seinen Luxuskarossenhandel auszukommen und hat wohl keinen weiteren materiellen Schaden angerichtet.Die ihm zusätzlich auferlegte Geldstrafe kann er locker mit einem reparierten Ferrari bezahlen.

Die Landespolizeidirektion wie die Polizeidirektion Freiburg muss sich aber einige Fragen gefallen lassen:

  • Wir war es eigentlich möglich, dass trotz Hinweisen aus dem Ermittlungsverfahren 2001 nicht dem Datenleck, dass schon damals im Notizbuch des S. belegt war, nachgegangen wurde?
  • Waren die damaligen Hinweise auf den Dienstvorgesetzten H. und dessen verunfallten BMW wirklich nicht hinreichend um weitere Untersuchungen und Kontrollen anzuzeigen?
  • Wie können Datenanfragen nach dem gleichen Muster über Jahre unentdeckt bleiben ?
  • Sind Sammel-Passwörter wie „Scherz“ ernstlich hinreichend, um Zugriff auf beträchtliche Personendatenbestände zu bekommen?
  • Vor allem aber: Wie kann sich eigentlich in einer Dienstgruppe unter den Augen aller Beteiligten über eine ganze Dekade ein Kultur des organisierten Rechtsbruchs entwickeln??
  • Warum sollte dies eigentlich - Korpsgeist unterstellt – ein Einzelfall sein?

(kmm, 17.10.2013)