Neues von Margaret Atwood:: Kurzgeschichte gegen Buchverbote und "So etwas wie Memoiren"

Kurzgeschichte gegen Buchverbote und "So etwas wie Memoiren"

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Die Autorin Margaret Atwood im Jahr 2022: Sie trägt die kurzen, weißen Haare gewellt; eine Kette mit großen pinken Perlen um den Hals, ein schwarzes Sakko und ein Mikrofon, das an einem Draht von hinter ihrem rechten Ohr vor zum Mund führt.
Margaret Atwood 2022
Lizenz: 
CC Attribution, Non-Commercial, Share Alike
Quelle: 
Collision Conf, Margaret Atwood (3x4 cropped), CC BY 2.0

Auf die erneute geplante Verbannung ihres Buches "The Handmaids Tale - Report einer Magd" reagiert die kanadische Autorin Margaret Atwood mit bissiger Satire in Form von Kurzgeschichten, die sie in den sozialen Medien veröffentlicht. 
Hunderte Bücher sollten nämlich nach Plänen der kanadischen Provinzregierung von Alberta im Schulbezirk Edmonton aus Klassenzimmern und Bibliotheken verschwinden. Darunter Aldous Huxleys »Schöne neue Welt«, George Orwells »1984« und Margaret Atwoods Dystopie "The Handmaid's Tale", in dem sie ein Bild der USA nach einem Putsch christlicher Fundamentalist*innen zeichnet: In ihrem fiktiven Szenario werden queere Menschen kriminalisiert, cis-Frauen sind reine Gebärmaschinen, dürfen weder arbeiten noch lesen oder schreiben; sie werden das Eigentum ihrer cis-männlichen Verwandten, sind Repression, Gewalt und totaler Kontrolle des totalitären Systems ausgesetzt. 
»Ich vermute, sie wollen nicht, dass junge Menschen über Diktaturen nachdenken«, kommentiert Atwood das Vorgehen der Regierung. Nach massiver Kritik ruderte die Provinzregierung nun bereits zurück. Begründet wurde das Verbot mit "pornografischen Inhalten", schreibt der Spiegel.
Seit der Veröffentlichung ihres Bestsellers im Jahr 1985 ist "Report einer Magd" immer wieder aus amerikanischen Bibliotheken und Schulen in verschiednen US-Bundesstaaten verschwunden. Die Ironie ist kaum zu übersehen: Eine Geschichte, geschrieben um vor Zensur, Diktatur, Repression und der Kontrolle über FLINTA* Körper zu warnen, wird selbst Gegenstand der Zensur in der realen Welt. Das traurige Hoch der Bücherverbannungen war -  wegen "anti-Christlicher Anschuldigungen", sexueller Inhalte, "Gotteslästerung" und LGBTQ+ Personen in den Hauptrollen - in den ersten acht Monaten des Jahres 2023. Unter der Biden-Administration.
Bereits 2022 setzte Atwood sich mit einem ironischen Videoclip zur Wehr, in dem sie mit einem Feuerwerfer vergeblich versucht, eine feuerfeste Kopie von "Report einer Magd" in Brand zu setzen.
Atwood ist Vizepräsidenten von PEN, internationalen Schriftstellervereinigung, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzt. Ihr Werk "The Handmaid's Tale - Report einer Magd" wurde mehrfach verfilmt und als Oper inszeniert.
Sie wurde mehrfach für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen, hat ihn bisher aber noch nicht bekommen. Jetzt hat sie mit "Book of Lives" auf eine Reise in ihre eigene (literarische) Vergangenheit gemacht. Es ist keine klassische Autobiografie, aber mit einem "scharfe[n] Auge für die wirklich wichtigen Details, [...] große[m] Witz, Lust an Anekdoten und Spaß an Selbstironie", schreibt radio drei. Am Wochenende war die 86jährige im Studio des rbb in Berlin, um über ihre Memoiren zu sprechen.