Les Yeux d’la tête beim ZMF am 25.7.2025

Les Yeux d’la tête beim ZMF am 25.7.2025

LES YEUX DLA TETE_press pic 5 COUV credit Hamza Djenat.jpg

Lizenz: 
Andere
Quelle: 
credit Hamza Djenat

Von Burkhardt Finkh


Les Yeux d'la Tete spielen schon zum 4. Mal auf dem ZMF und haben sich im Lauf ihrer fast zwanzigjährigen Bandgeschichte ein treues Publikum auch in Deutschland erspielt. Sicher sind heute viele Menschen aus dem nahe gelegenen Nachbarland zum Konzert gekommen, aber auch ebenso viele Deutsche, die die Band, das Land und auch die französische Sprache lieben, denn quasi einer der Grundpfeiler von Les Yeux d'la Tete ist das Chanson, das  ortmächtige, ausdrucksstarke und bilderreiche Französisch feiernd. Dazu kommt, das die Band eine langjährige und enge Beziehung nicht nur zu Paris, sondern auch zur deutschen Hauptstadt Berlin pflegt. Mit einem ordentlichen  Schuss Indi-Rock und Einflüssen von Roma-Musik, Swing und Jazz wird ein Süppchen gekocht, das nach  handgemachter Strassenmusik schmeckt und eigentlich von vorne bis hinten tanzbar ist.
Die Texte sind durchgehend französisch, nur einmal erklingt das Englische – bei "I don't speak English" besteht der Text scherzhaft aus allen möglichen amerikanischen und britischen Welthits. Sonst werden auf emotionale, poetische Weise eher ernsthaft Geschichten und von Schicksalen erzählt, von Träumen und Albträumen. Zum Beispiel die  Geschichte von der einen Frau, die wir alle kennen, lieben und haben – la musique... Jacques Brel, der große,  französische Chansonier wir mit einem Cover gewürdigt, unglaublich viele Worte kommen aus dem Mund von Leadsänger und Gitarrist Benoit Savard gesprudelt, dann verdoppelt sich das Songtempo und die Tanzenden müssen alles geben, um mitzuhalten. Im Anschluss fahren Les Yeux d'la Tete ein einziges Mal das Tempo runter, damit alle ein wenig Luft holen können, bevor es wieder schneller und schneller wird. Die Lieder sind vom Gefühl her eher
kurz und knackig gehalten, ganze 20 bringen die Musizierenden in knapp zwei Stunden zu Gehör. Neben Savard gibt es einen weiteren Gitarristen sowie Akkordeon, E-Bass, Schlagzeug, und die einzige Musikerin heizt dem Publikum mit energetischen Soli auf Sopran- und Altsaxophon ein und verstärkt die Refrains durch ihren Gesang. Rodrigue Fernandes am Akkordeon bringt Klänge vom Balkan mit ein, fühlt sich aber auch im Jazz zuhause, spielt dann wilde chromatische Läufe beim Improvisieren. Für mich hat er seinen besten Moment aber, als sein Sound ganz "modern" wird und er die elektronische Musik mit ihren Effekten wie Delay und Tonwiederholungen auf sein akustisches Instrument überträgt, zu Recht erntet sein Solo hier großen Beifall.
Meistens ist die Musik vom Rhythmus her eher simpel gehalten – tanzbare Strassenmusik eben und so langsam wird es heiß im ausverkauften Zelt. Doch auch für Tanzmuffel kommt keine Langeweile auf, immer wieder weiß die Band zu überraschen, wechselt innerhalb des Songs zu spacigen Passagen, bevor es zurück in den Refrain zum Mitsingen für alle geht – laisse moi chanter. Und es wird auch mal wichtig: Benoit Savard erzählt, was er seinen Kindern, zwei Mädchen, als erstes Wort beigebracht hat: non - und non, c'est non, Nein heißt Nein. Was auch eine schöne Farbe im Musikmix ist: Gitarrenmelodien, die sofort an Afrobeat denken lassen, aber nie zu monoton oder zu lange erklingen, als das es irgendwann zuviel wäre. Ebenso interessant das Schlagzeug-Solo, mit viel Percussion und fast schon melodiös. Zum Dropdown, wenn auf dem Höhepunkt die Band wieder einsetzt, wird noch einer draufgesetzt durch Abfeuern einer Konfetti-Kanone. Die kommt an strategisch schlauen Punkten noch mehrmals zum Einsatz,
eine geballt Ladung Optik plus fettem Sound (am Ende ist der Tanzboden übersäht mit großen, bunten  Papierschnipseln, da lohnt sich das anschließende Durchfegen nach dem Auftritt aber so richtig). Ich frage mich, ob es am Regenwetter oder an den Leuten, die größtenteils mit der Band gealtert sind, an der Band selbst und ihrer Tagesstimmung oder an der Lautstärke hinten (wo ich stand, ich kann also nicht beurteilen, wie druckvoll der Sound ganz vorne war) liegt, dass mir alles ein wenig verhalten vorkommt, mir das letzte Quentchen Energie, Spielfreude oder schlichtweg 1, 2 Dezibel nach oben fehlen, damit es mich trotz all dem Schönen und Positiven noch mehr  mitreißt. Les Yeux d'la Tete können aber noch einen draufsetzen, stimmen einen Balkan Beat an, der in spanische
Akkordfolgen übergeht und wieder ins Osteuropäische wechselt – was für eine beeindruckende Vielfalt im  Klanglichen.
Als gegen Ende die Band vorgestellt wird, reißen allle im Publikum die Hände nach oben, und auch eine Krücke wird wild gestikulierend hochgereckt - Les Yeux d'la Tete heilen eben durch Musik... Bei der zweiten Zugabe knallt die Konfetti-Kanone gleich noch zweimal, und weil die Leute so laut mitklatschen, muß der Tonmensch den Sound noch ein wenig nach oben regeln, damit die Band nicht untergeht – vielleicht lag doch da der Hase im Pfeffer begraben. Für meine Begriffe hätte es also ruhig ein bißchen lauter sein können – hätte das Publikum dann aber in Euphorie und Tanzwut das Zelt zerlegt? Man wird es niemals wissen. Doch auch so schicken Les Yeux d'la Tete schließlich glückliche Zuhörende nach draußen, wahrscheinlich nicht zum letzten Mal auf dem Zeltmusikfestival.