Locarno Blog 3

kobayashiWakaranai

von Masahiro Kobayashi (Foto von A. Sancho-Rauschel)

Aus Locarno: Alexander Sancho-Rauschel

Nach der schoenen Eroeffnung auf der Piazza gehts heute los mit dem Film-Vollprogramm... und da wir nicht zum Spass hier sind, ziehe ich mir gleich einen der gefuerchteten Hardcore-Minimal-Japaner rein:

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Wakaranai

von Masahiro Kobayashi (Foto von A. Sancho-Rauschel)

Aus Locarno: Alexander Sancho-Rauschel

Nach der schoenen Eroeffnung auf der Piazza gehts heute los mit dem Film-Vollprogramm... und da wir nicht zum Spass hier sind, ziehe ich mir gleich einen der gefuerchteten Hardcore-Minimal-Japaner rein:

Der neue Film von Masahiro Kobayashi, "Wakaranai" ("Where are you") ist
einer jener zen-inspirierten, sproeden und minimalistischen Werke, die
mit langsamen Einstellungen und Poesie einen ganz eigenen Zauber
entfalten koennen, einen aber auch manchmal in Windeseile zum
Einschlafen bringten koennen, je nach Tagesform, Schlafpensum und der ganz individuellen Frage, ob
man persoenlich von der Figurenkonstellation gepackt wird oder nicht,
ob persoenliche Erfahrungen einen aufhorchen lassen, ob man das
Geschehen auf der Leinwand mit eigenen Erfahrungen in Einklang bringen
kann... oder sich einfach nur zu Tode langweilt.

Nachdem im persoenlichen Umfeld mehrere Kobayashi-Warnungen kursierten,
habe ich mich tapfer in meinen allerersten Film dieses renommierten
Kuenstlers der langsamen Form gewagt. Und siehe da, es hat sich
gelohnt. Es war lang, es passierte nicht viel, es war duester,
deprimierend und verwandelte in Blitzeseile meine lebensfrohe Stimmung
der sonnendurchfluteten Piazza in eine wohlig-elende Endzeitstimmung
tiefster Hoffnungslosigkeit... kurzum, eine interessante Erfahrung.

Story? Ja, ein wenig... Der depressive 17-jaehrige Ryo ist arm, kommt
mit der Schule nicht klar, er lebt voellig einsam, haust in einer
Bretterbude, kann aber auch dort die Miete nicht bezahlen, verliert
seinen miesen Job im Supermarkt, weil er zum Ueberleben manchmal
Lebensmittel klaut... und, noch viel schlimmer, seine Mutter liegt
sterbendskrank in der Klinik.

Als sie schliesslich stirbt, kann er weder die aufgelaufenen
Behandlungs- noch die anstehenden Beerdigungskosten bezahlen... im
Krankenhaus macht man ihm unmissverständlich klar, dass er die Schulden
bald bezahlen muss, ausserdem sei es Zeit für das Begräbnis der
Mutter... Ryo gerät in Panik, er hat nichts mehr zu essen, keinen Job
mehr... Er hinterlässt seinem Vermieter einen Zettel und entschuldigt
sich dafür, die Miete schuldig geblieben zu sein. Dann bricht er ins
Krankenhaus ein, entwendet die Leiche seiner Mutter, schleppt sie
stundenlang durch den Wald und beerdigt sie schliesslich im Meer, indem
er sie in einem alten Fischerboot hinaustreiben lässt. Dann, mutlos,
mit einem alten Foto in der Hand, macht er sich auf die Suche nach
einer seltsamen Adresse in einer grossen Stadt...