Man wird ja wohl noch rechnen dürfen - wie ein ökonomischer Biedermeier nationalistische Ressentiments in Zahlen gießt

Man wird ja wohl noch rechnen dürfen - wie ein ökonomischer Biedermeier nationalistische Ressentiments in Zahlen gießt

Anfang Januar hat Hans-Werner Sinn, seines Zeichens Chef des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorgerechnet, dass die Migration nach Deutschland für den Staat ein Verlustgeschäft sei. Sinn schreibt von einem „Migrationssturm“. Eine Art Unwetter muss es wohl sein, dass da über das arme Land hereinbricht, das ja immer nur für andere zahlen muss. Schaut man genau hin, so erkennt man in Sinns Äußerungen eine Reihe von Relativierungen. In einem Interview „vermutet“ Sinn per Saldo sogar einen großen gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Immigration. Doch solche, nicht mit Zahlen geschmückte und als „Vermutung“ gekennzeichnete Konzessionen gehen in der Aufmachung des Artikels und eines Folgeartikels ebenfalls in der FAZ unter.

Professor Herbert Brücker, vom Institut für Atbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat nun eine Gegenstudie veröffentlicht. Im gespräch mit Radio Dreyeckland erklärt Brücker, warum er zu ganz anderen Ergebnissen kommt.

Nun kann man sich fragen, ob man sich auf solche Rechnungen überhaupt einlassen sollte. Am Ende könnte ein anderer Ökonom oder Politiker kommen und vorrechnen, dass Steuerflüchtlinge mehr bringen als Bürgerkriegsflüchtlinge und eine entsprechende Immigrationspolitik vorschlagen. Andererseits hat es durchaus eine Wirkung wenn Ökonomen wie Sinn, mit eigenwilligen Rechnungen, einen nationalistischen Diskurs fördern. Ausdruck findet das dann in Bewegungen wie der AfD und Pegida, die sich direkt oder indirekt bei der Halbwissenschaft bedienen können, während Hans-Werner Sinn im Brustton der Überzeugung sagen kann, er habe mit AfD und Pegida nichts zu tun.