Musikmagazin 09.05.16 Samy Deluxe "Berühmte letzte Worte" & V.A. 17 Uhr

Musikmagazin 09.05.16 Samy Deluxe "Berühmte letzte Worte" & V.A. 17 Uhr

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Samy Deluxe
Samy Deluxe - "Berühmte letzte Worte"
Lizenz: 
Keine (all rights reserved)
Quelle: 
Buback

„Berühmte letzte Worte“ von Samy Deluxe: Das bedeutet ein Album jenseits aller Tagesmoden – und doch so frisch wie der Luftzug einer sich nahenden Faust. Oder eines endlich zu Worten geballten Gefühls. „Ich feier meine Emotionen, bevor sie meine Seele klonen“ rapt Samy, und stellt sich vor, es wäre die letzte Gelegenheit, sein Leben zu bilanzieren. Natürlich gibt es ihn noch: Den Battle-Rapper, der 1995 in den Tourbus stieg und bis heute nie wieder ausgestiegen ist, den Egomanen, Flow-Master, Freestyler mit überrumpelnden bis selbstironischen Punchlines – er darf im Intro noch einmal alle Möchtegerns mit seinem flüssigen Silbenschwert niederstrecken. Doch dann geht es um mehr als nur „den geilsten Flow im ganzen Land“.

Samy Deluxe greift stattdessen die ganz großen Fragen auf, Fragen, die ihn auf seinen bisherigen acht Alben immer wieder herausforderten: Wer bin ich? Was hat mich zu dem gemacht, der ich bin? Und wie geht Deutschland mit seinen Kindern um? Seine erste Single „Klopapier“ wird da expliziter denn je: „Deutschland ist noch ganz weit vorn mit Waffenexporten/ das heißt ihr profitiert von Massenmorden.../ und seid geschockt von harten Worten.“ Ein Banger, der harte Thesen auf die souligen Beats von Produzent Bazzazian, der in Vergangenheit bereits Gentleman über Azad bis hin zu Haftbefehl produziert hat, setzt – und eine Provokation, die Deutschlands Selbstzufriedenheit als vermeintliches moralisches Vorbild in der Flüchtlingskrise zynisch kommentiert: „Ein Land in dem die Kanzlerin Flüchtlingskinder persönlich tröstet/ bevor sie sie abschiebt; ich finde das ist eine schöne Geste.“

Samy's "Berühmte letzte Worte“ bleiben dennoch persönlich. Seine Erfahrungen als Sohn einer deutschen Mutter und eines sudanesischen Vaters – der nach Afrika zurückkehrte als Samy zwei Jahre alt war – hatte der Rapper bereits seit „Weck mich auf“ im Jahre 2001 immer wieder thematisiert. Nun befeuert seine Autobiographie einen weiteren Song: „Mimimi“ . Die korrekte Abkürzung für Mitbürger mit Migrationshintergrund. Bazzazian – der bis auf zwei von Farhot produzierte Songs für das Album verantwortlich zeichnet – zerhackt hier orientalische Melodien über einem unwiderstehlichen Club-Beat, das Video zeigt eine türkische Hochzeit, während die Raps mit den Sprüchen spielen, die sich das Einwandererkind Samy Deluxe immer wieder anhören musste: „Und wenn ich mecker über dieses Land/ dann sagen sie 'geh doch hin, woher du kommst'/dann gehe ich eben nach Eppendorf/ ich habe auch angefangen mit rappen dort...“ „Mimimi“ ist eine Hymne für alle geworden, die sich fremd im eigenen Land fühlen – und feiert doch den Kulturclash mit Happy-End. Man kann das Erwachsenwerden eines launenhaften Genies nennen. Ein Homecoming. Doch so todernst manche Themen auch wirken mögen, Samy Deluxe mischt sie mit dem ihm eigenen Humor auf. So wie in „Haus am Mehr“. Der Refrain paraphrasiert Peter Foxs „Haus am See“ - die Raps aber sprechen von der wohlbekannten Krankheit des Immer-Mehr-Wollens: „Ich wollte mehr als ein Haus am See/ jetzt sehe ich aus wie ein Idiot wenn ich draußen steh/ und auf dem Weg liegen diese Orangenbaumblätter/ Warum Promi sein? Ich war happy als Underground-Rapper“. 

Doch mehr denn je distanziert sich Samy Deluxe von den Maßstäben, die andere an ihn legen, bekennt in „Countdown“ dass er nie wusste, was die Fans von ihm wollen und gesteht sich in „Tellerrand“ ein, trotz vergleichsweise armer Familie viel gereist zu sein und mehr als andere erlebt zu haben: „Und ich hoffe, ich kann ihnen helfen, zu verstehen/.. die Welt ist so groß doch viele haben die Welt noch nie gesehen“.

Hier spricht ein Samy Deluxe, der sich nicht als Opfer sieht. Sondern gerade in Zeiten von Hetze gegen Flüchtlinge und Angst vor Überfremdung motivieren will, das Positive zu sehen. Eine größere Perspektive einzunehmen. Kampfgeist und Kontemplation zu versöhnen.

Berühmte letzte Worte. Ein ehrliches Loslassen. Und eine große Liebeserklärung an HipHop aka das Leben

Gegen Ende der Sendung gibt es noch 2 Lieder vom kommenden Release des Berliner Label's "Dezi-Belle": Dope est Dope (Thema der nächsten Sendung)

 

Kefian