Radio im Kino - Filmreihe mit aka-filmclub

Radio im Kino - Filmreihe mit aka-filmclub

Im Kino erleben wir das Medium Zeitung meist in Gestalt
des bienenfleissigen Journalisten, ein naher Verwandter der Spezies
Privatdetektiv. Ihm fehlt das zynische und erotische Cool des
Schnüfflers, der schreibende Journalist ist ein blasser Bengel, er will
nicht verführen, sondern aufklären. Diese gediegene Unscheinbarkeit
lässt ihn aber auch gefährdet erscheinen, selten steckt unter dem
ehrlichen Hemd ein Superman. Die Welt der Zeitung ist eine der großen
Räume (keine düsteren, abgewrackten Detekteien), nikotinvernebelte
Bureaus mit tiefhängenden Neonlampen, in denen bis in einsame
Nachststunden hinein gebrütet und enthüllt wird. Kurz gesagt: Filme
über Zeitungen sind häufig Filme über Aufklärer und ihren Kampf um die
Wahrheit. Und sie enden oft mit dem Triumph der enthüllenden
Schlagzeile.

Das Fernsehen hingegen hat es nicht so gut im Kino, meist wird es
genüsslich demontiert. Denkbar fern der aufklärerischen Aura der
Zeitungsstube wird uns meist eine groteske Medien-Maschinerie
vorgeführt, selten ein aufklärerisches Medium. Wie sonderbar: Die
Wahrheit scheint im Kino eher bei der Schrift (bzw. Zeitung)
aufgehoben, als beim „großen Bruder“ Fernsehen. Jedenfalls steckt
hinter dem schönen Schein der Shows und Nachrichtenkanäle oft eine
korrumpierte, „dekadente“ und lächerliche Welt. Hinter den Kulissen
fällt die Maske und wir treffen dort mafiöse Showmaster, päderaste
TV-Produzenten, tablettensüchtige Moderatorinnen... ein Film wie Good
Night, and Good Luck (George Clooney, 2005) bildet da nur die seltene
Ausnahme von der Regel.

Und das Radio? Nun lebt das Medium Radio vor allem von der Musik
und den Stimmen der Moderatorinnen und DJs. Das Kino gibt diesen
unsichtbaren Stimmen ein Gesicht. Oft sind es schamanenhafte, skurrile
Typen, liebevoll gezeichnet, und ihre Sendungen sind mitunter auf
überraschende Art für die Handlung bedeutsam. Etwa Chris mit seinem
allmorgendlichen Horoskop in Halbe Treppe (Andreas Dresen, 2002), oder
eben Wer früher stirbt ist länger tot, wo Alfred (Jürgen Tonkel) – im
Privatleben nicht gerade ein Kommunikationsprofi – vor dem Mikrofon
hoch auf dem Alpengipfel auflebt, sein Studio ein Vinyl- und
Flokati-Paradies im Weltraumstil der 70er Jahre. Mit seinem
unerlässlichen Cowboyhut ist Alfred der sympathische Outcast jenseits
der modernen Welt steriler Radiostudios.

Eine Reihe von Filmen zeigt wie gefährlich Radio-DJs leben. Schnell
wird aus einem Moderator eine öffentliche Unperson, wenn er auf
Konfrontationskurs geht. Hat die Stimme mehr Macht als ein
Zeitungsartikel? Sicherlich ist das Drama des Radio-DJ nicht die Mühsal
der Recherche, wie beim Zeitungsreporter, sondern der Moment vor dem
Mikrofon, wenn Freund und Feind (inklusive der Sendeleitung)
elektrisiert zuhören. Jedenfalls genießt er hohen Bekanntheitsgrad, vor
allem wenn er sich mit den Mächtigen anlegt. Exemplarisch zeigt das der
Film 100 Schritte (Marco Tullio Giordana, 2000), die wahre Geschichte
von „Peppino“ Impastato, der ein Radio gegen die Mafia gründet und dies
mit dem Leben bezahlt. Weniger politisch ist dagegen Oliver Stones Talk
Radio, dafür zeigt er, dass wohl kaum jemand so leicht den Hass der
Öffentlichkeit auf sich ziehen kann wie ein Radio-Moderator.

Nur wenige Filme beschäftigen sich mit der scheinbar passiven
Seite beim Radio, sprich dem Radiohören. Woody Allens nostalgischer
Radio Days bildet da eine schöne Ausnahme. Durch die unterschiedlichen
Vorlieben in der skurrilen jüdischen Familie lernt man auch die
Vielfalt der damaligen Radiowelt kennen, vom Sport bis zum Hörspiel –
natürlich darf Orson Welles War of the Worlds nicht fehlen (auch bei
uns nicht, siehe unten!).

Robert Altman´s Last Radio Show ist wohl einer der schönsten Filme
zum Thema. Denn der Live-Moment ist immer noch das besondere am
Radio(machen), die Anspannung und Konzentration wenn das Mikrolicht
leuchtet und man plötzlich durch eine wundersame Verfremdung zu einer
anderen Person wird. Es ist die Geschichte einer old fashion Radioshow,
wo Country-Stars vor Publikum auftreten, und die Pizzawerbung nicht vom
Band kommt... Großartig die Szene, in der Lily Tomlin, Meryl Streep und
Garrison Keillor (plus Geräuschemacher) ad hoc ein abstruses Hörspiel
improvis