Rasanter Thriller über internationale Kriminalität: Skorpion von Matt Basanisi und Gerd Schneider

Skorpion von Matt Basanisi und Gerd Schneider

Rezension von “Skorpion” von Matt Basanisi und Gerd Schneider 

Blanvalet Verlag 2023

rezensiert von Hardy Vollmer  Radio Dreyeckland Freiburg

Was sagt uns das, wenn der Filmemacher Gerd Schneider, einer der beiden Autoren des Thrillers "Skorpion”,  eigentlich Theologie studierte und sich aufs Priesteramt vorbereitete, gleich zu Beginn des Romans einen Priester auf offener Straße durch Mafiakugeln hinrichten läßt? Man kann hier nur spekulieren und sich aber letztlich darüber freuen, dass es ihn ins Filmfach verschlagen hat. Denn das “filmische” Denken hat beim Schreiben gut getan und gibt dem Roman einen spannenden, atmosphärischen Drive. 

Dass  das vielleicht zu spekulative Temperament des Fast-Priesters Schneider immer eine Bodenhaftung behält, dass also die Fiktion immer Realität bleibt, dafür sorgt Co-Autor und Ex-Polizist Matt Basanisi. Aber was für ein Ex-Polizist: Er war Mitglied einer Sondereinheit der internationalen Schutztruppe der NATO im Kosovo, die die Schwerstkriminalität im Umfeld der UCK aufklären sollte. Dann Eintritt in die Abteilung Organisierte Kriminalität des Schweizer Bundeskriminalamtes. Dazu kamen Jahre im internen Ermittlungsdienst der UNO mit Einsätzen im Kongo und Nepal. Das Duo bietet also beste Voraussetzungen, um einen realistischen  Krimi im Bereich der organisierten Kriminalität zu schreiben. Und das gleich vorweg: Mit dem Roman “Skorpion” ist ihnen das hervorragend gelungen.


Um was geht es? Ein spektakulärer Drogenfund im Hafen von Antwerpen bringt die Ermittler auf die Spur eines ominösen schweizer Bankers. Dieser bleibt lange ein Phantom. Der zuständige Polizist David Keller tappt längere Zeit im Dunkeln. Dann kommt wie so oft Kommissar Zufall ins Spiel. Der scheinbare Selbstmord eines Flugpiloten bringt Keller auf die Spur des Finanzexperten Walter Baumann. Aber eine Recherche nach Informationen stößt auf eine Mauer des Schweigens. Die Akten im Bundeskriminalamts sind als geheim eingestuft, als Keller später Zugriff hat, fehlen wichtige Dokumente, die Akte ist unbrauchbar, ja, mehr noch offenbar haben die staatlichen Stellen bei der Manipulation ihre Hand im Spiel. Aber die Ermittlungen Kellers, der mit italienischen Anti-Mafia-Einheiten zusammenarbeitet, wirbelt die Mafia in Italien auf, Keller erhält Morddrohungen. Als dann noch die US-Drogenbehörde DEA mit undurchsichtigen Methoden ins Spiel kommt, wird die Verwirrung komplett. Keller verzweifelt nach und nach an seinem demokratischen Selbstverständnis. Sein Weltbild bricht dann fast zusammen, als seine Freundin und zudem noch FBI-Agentin Julie Banks zu ihm sagt: “Wir verteidigen die Demokratie. Aber wir praktizieren sie nicht.”

Dem Autorenduo gelingt es gut und spannend zu erklären, wie dieses Wechselspiel zwischen internationaler Kriminalität und internationalem Finanzhandel funktioniert. Wie illegale Drogen in sauberes Geld verwandelt werden, wie honorige Persönlichkeiten des öffentlichen Raumes, schmutzige kriminelle Transaktionen, weiß waschen.  

Als ein schönes Beispiel zitiere ich hier eine Stelle aus dem Roman, wo Walter Baumann sich mit zwei Banker aus Italien in Lichtenstein trifft, um ein marodes Bankhaus zu retten, das für das Waschen von Mafiageldern notwendig ist. Eingeladen zu dem Treffen hat Peter Wenzel, erfolgreicher Jurist und Treuhänder, der wie folgt beschrieben wird:

“ Als Gastgeber lag es an Peter Wenzel, Walter Baumann, den geschmeidigen jungen Banker aus Zürich, mit einer erwartungsvollen Geste an den polierten Holz Tisch zu bitten, über dessen Kopfende als auffälligster Wandschmuck ein Foto Wenzels hing, in schwarzem Frack und einer dreireihigen goldenen Amtskette mit den päpstlichen Insignien - der Tiara, den gekreuzten Schlüsseln Petri und dem Wappen der Vatikanstadt. Es war eine Aufnahme Wenzels in der Uniform eines Gentiluomo di Sua Santita, eines Edelmanns Seiner Heiligkeit, verliehen vom Papst Johannes Paul II…daneben etwas kleiner hing eine gerahmte Auszeichnung, die Peter Wenzel als ehemaligen Präsidenten des fürstlichen Staatsgerichtshofs Lichtensteins auswies” (112).

Man spürt regelrecht den Genuß, den die beiden Autoren bei der Ausschmückung dieser Szene hatten, wo sie diese ehrenvolle Persönlichkeit, gesalbt von Papst und Staat mit Vertretern des internationalen kriminellen Finanzkapitals zusammenbringen, damit sie darüber beraten wie sie schmutziges Geld das aus Raub, Mord und Drogenhandel stammt in den normalen Finanzhandel transferieren können.  Und um den Spass noch voll zu machen, heißt die Person, die dabei eine Rolle spielen wird: Silvio Berlusconi.

Es ist gerade diese Realitätsnähe, die den Roman so authentisch macht. Neben Berlusconi treten noch der kolumbianische Drogen Baron Escobar, das Bankhaus Rasini und weitere wirkliche Personen und Ereignisse auf. Die Lesenden werden förmlich hineingerissen in ein spannendes Wechselspiel von Fiktion und Realität. Und man sagt sich zum Schluß, ja genauso läuft es in der Welt des internationalen Kapitals. 

Der Roman Skorpion ist ein  gelungenes Erstlingswerk des Autorenduos Matt Basanisi und Gerd Schneider. Ein weiterer Roman ist schon angekündigt. Wir warten mit freudiger Spannung darauf.