Am 10. März ist Stefan Rost gestorben, ein für Freiburg nicht zu ersetzender Verlust. Bei ihm muss man sich nicht bemühen, die guten Seiten zu betonen. Wohl kaum jemandem in der Freiburger linken Szene sind die Sympathien zugeflogen wie ihm. Ohne ihn würde es das Grethergelände als Mietshäuser-Syndikatsprojekt und damit auch Radio Dreyeckland in seiner jetzigen Form wohl nicht geben.
In der Hausbesetzer*innenzeit kritisierten ihn einige, weil er auch den Verhandlungsweg nutzen wollte, um Besetzungen zu legalisieren. Später saßen diese Personen u.a. im Gemeinderat und haben lange Jahre eine unsoziale Politik für die Verteuerung von Wohnraum zu verantworten. Stefan hingegen baute konsequent das Mietshäuser-Syndikat auf. Ein Modell um Häuser dauerhaft dem Wohnungsmarkt zu entziehen, welches sich von Freiburg aus entwickelt hat, mittlerweile über 150 Wohnprojekte umfasst und sogar über die Landesgrenzen hinaus seine Wirkung entfaltet. Seine Begeisterung für Hausbesetzungen hat er trotzdem nicht verloren. Als etwa die Johann-Sebastian-Bach-Straße in Herdern besetzt wurde, beteiligte er sich an einem Kaufangebot und ließ es sich zudem nicht nehmen, seinen Schlafsack zu packen, um mit den jungen Aktivist*innen im besetzten Haus zu übernachten. Selbst als seine Krankheit schon fortgeschritten war, bereiteten ihn die Aktionen der jungen Hausbesetzer*innen von Wohnraum Gestalten noch große Freude. Wenn Stefan auf einer Demonstration für bezahlbaren Wohnraum gesprochen hat, sind Menschen gekommen, die ohne ihn nicht gekommen wären. Sie kamen um Stefan zuzuhören. Stefan setzte sich aber für viel mehr ein, als bloß das Recht auf Wohnen. Er dachte dabei auch an die Illegalisierten und brachte mit vielen anderen die Rasthausidee in Freiburg ins Rollen. Das Rasthaus sollte und soll eine Herberge für Verfolgte sein.
Wenige waren über die Jahre hinweg, so häufig Interviewpartner von Radio Dreyeckland. Ein Erzählcafé mit Stefan konnte nur gelingen. Stefan hatte immer etwas zu erzählen und war bestens informiert über die Wohnungpolitik in Freiburg. Er belehrte uns Interviewer*innen über ihre nicht vorhandene Interviewtechnik und machte selbst dabei Freude. Zeit seines Lebens strahlte der gelernte Maurer einen unglaublichen Tatendrang aus. Er konnte Menschen begeistern und gleichzeitig geschickt und geistreich scheinbar unüberwindbare Hürden bei der Realisierung diverser Projekte aus dem Weg räumen. Gerne hätte er auch noch die Hürden aus dem Weg geräumt, um 100 Mietshäuser-Syndikatsprojekte im neuen Stadtteil Dietenbach zu errichten. Bis zuletzt hat er davon gesprochen, dort noch ein ganzes Quartier mit bezahlbaren Mieten bauen zu wollen.
Mit Stefans Tod verlieren wir einen unglaublich lieben Menschen. Es ist natürlich allen voran für seine Familie ein unersetzlicher Verlust. Stefan ist aber auch für die Freiburger Zivilgesellschaft unersetzlich. Als Radio hoffen wir mit unseren zahlreichen Audios von Stefan einen Teil dazu beizutragen, dass er niemals vergessen wird.
Stefan Rost vor der Gründung des Mietshäusersyndikats zu den Zielen (aus dem Tagesinfo vom 23.04.1993):
Erzählcafé von 2014: Der Kampf um Wohnraum mit Stefan: https://rdl.de/beitrag/erz-hlcaf-zum-nachh-ren-der-kampf-um-wohnraum-0
Audioguide im Grün (2019/2020): https://rdl.de/audioguide-im-gruen
Viele weitere Gespräche und Interviews mit Stefan bis zurück in die 80er Jahre: https://rdl.de/suche?text=stefan+rost