Stutthofprozess: Ehemaliger SS-Wachmann soll Geschehen „nie hinterfragt“ haben

Stutthofprozess: Ehemaliger SS-Wachmann soll Geschehen „nie hinterfragt“ haben

Im Prozess gegen den heute 93-jährigen ehemaligen SS-Wachmann Bruno D. hat ein Kriminalbeamter ausgesagt, der den Angeklagten vor zwei Jahren mehrfach vernommen hat. Demnach gab der Angeklagte an, täglich viele Tote und ausgemergelte Menschen gesehen zu haben. Auch Todesschreie habe er gehört, aber nicht einordnen können. Davon dass Eisenbahnwagen abgedichtet und als Gaskammern verwendet wurden, habe er gehört aber er hätte nichts genaueres gewusst. Bruno D. sagte laut Protokoll: "Davon wurde gesprochen. Aber ich weiß nicht, wie, wo, was". Wenn es auf das Thema Judenvernichtung kam, soll der Angeklagte, nach Eindruck des Ermittlers „etwas abwehrend“ geantwortet haben, so als wolle er dieses Thema nicht vertiefen. Bei anderen Themen soll er offener gewesen sein.

Ursprünglich will der Angeklagte garnicht gewusst haben, dass sich in dem Lager auch jüdische Häftlinge befunden haben. Er führt dazu eine Annekdote an. Sein Vater habe eine flapsige Bemerkung über den Krieg gemacht. Darauf sei er vorübergehend festgenommen worden. Man habe ihm gesagt, er solle sich in Acht nehmen, sonst käme er nach Stutthof.

Der Kriminalbeamte bringt es auf das etwas seltsame Fazit, dass der Angeklagte das Geschehen in dem Lager zwar mitbekommen aber nie hinterfragt habe.

In dem Lager Stutthof in der Nähe von Danzig wurden von ca. 100 000 Hähtlingen, 65 000 ermordet. Bruno D. ist wegen Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen angeklagt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass er selbst an Tötungen direkt beteiligt war. Als Wachmann auf einem Turm trug er aber dazu bei, dass die Gefangenen nicht fliehen konnten. Der Prozess findet unter strengen Corona-Schutzmaßnahmen vor dem Hamburger Landgericht statt.