Türkei verlängert die Pressekarten der Korrespondenten von Tagesspiegel und ZDF nicht + Update

Türkei verlängert die Pressekarten der Korrespondenten von Tagesspiegel und ZDF nicht + Update

Die türkische Pressestelle hat den Korrespondenten Jörg Brase (ZDF) und Thomas Seibert (Tagesspiegel) per E-Mail mitgeteilt, dass ihr Antrag auf Verlängerung der Pressekarte für 2019 abgelehnt wurde. Die E-Mail enthielt keine Angabe von Gründen. Zuständig für die Vergabe von Pressekarten sowohl für inländische als auch für ausländische JournalistInnen ist die Regierung (das Amt des Ministerpräsidenten, das mit dem des Staatspräsidenten zusammengelegt wurde). Die Karten müssen jedes Jahr zum Jahresanfang erneurt werden, was immer ein paar Wochen dauert. Im Moment warten noch 80 weitere ausländische KorrespondentInnen auf die Erneuerung. Verbunden mit der Pressekarte sind die Arbeitserlaubnis und die Aufenthaltsgenehmigung. Bereits 2016 wurde dem Korrespondenten des Spiegel Hasnain Kazim die Verlängerung der Pressekarte verweigert. Genauer gesagt, er bekam einfach keinen Bescheid, bis er ausreisen musste. Der Korrespondent der Zeitung Die Welt (vorher Taz, Jungle World) Deniz Yücel befand sich von Februar 2017 bis Februar 2018 wegen seiner journalistischen Tätigkeit, Entschuldigung, natürlich wegen Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Haft. Nach Angaben der türkischen JournalistInnen-Gewerkschaft TGS befinden sich derzeit 135 türkische Journalistinnen und Journalisten in Haft. Einige wurden aufgrund ihrer Tätigkeit zu lebenslangen Freiheitsstrafen ohne Begnadigungsmöglichkeit verurteilt. Das heißt, sie sollen im Gefängnis sterben. Da die Berufung im Prozess gegen mehrere Kolumnisten der oppositionellen Zeitung Cumhuriyet gescheitert ist, dürfte sich die Zahl der Inhaftierten demnächst noch erhöhen. In einigen Fällen tritt der Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan persönlich als Nebenkläger gegen ihm unliebsame JournalistInnen auf. Viele weitere JournalistInnen sind von Verfahren bedroht oder ihnen wurde ebenfalls die Pressekarte verweigert oder sie haben ihre Arbeit verloren, weil ihr Medium von einem Unternehmer übernommen wurde, der mit der Regierung zusammenarbeitet.

Gemessen an dem, was türkischen JournalistInnen geschieht, mag das was den Auslandskorrespondenten geschehen ist, noch glimpflich erscheinen. Trotzdem sollte mensch das Drohpotential nicht unterschätzen, das da aufgebaut wird. Nun versucht das Erdogan-Regime auch noch die Auslandsmedien zu kontrollieren. Nachdem die Bundesregierung im Fall Yücel durchaus etwas Zähne gezeigt hatte, ist seit längerem Schmusekurs angesagt. Mal sehen, ob diesmal der gerechten Empörung auch Taten folgen, die zum Umdenken in Ankara führen könnten. Eine Einschränkung der Arbeit der KorrespondentInnen in der Türkei ist auch ein Eingriff in die deutsche Pressefreiheit.

Solidarität mit den türkischen JournalistInnen, Solidarität mit Thomas Seibert und Jörg Brase!

jk

Update: wie erst später bekannt wurde, wurde auch dem Korrespondenten des NDR, Halil Gülbeyaz die Arbeitserlaubnis nicht verlängert. Es scheint sich um einen koordinierten Angriff auf Auslandsmedien zu handeln, um sie wie so fast alle türkischen Medien zu Sprachrohren Erdogans zu machen oder zu vertreiben.