Vatikan macht zum ersten Mal einem Kardinal den Prozess

Vatikan macht zum ersten Mal einem Kardinal den Prozess

Gegen neun Personen, darunter auch der Kardinal Angelo Becciu, erhebt die vatikanische Justiz Anklage. Es ist das erste Mal überhaupt, dass einem Kardinal der Prozess gemacht wird. Die Vorwürfe: Betrug, Geldwäsche, Korruption und Erpressung.

Ein missglückter Immobiliendeal in London wurmt den Vatikan bis heute. Die Justiz will nun nach dem verlustreichen Finanzdeal in London Anklage unter anderem wegen Veruntreuung und Amtsmissbrauch erheben. Am 27. Juli beginnt der Prozess gegen zehn Personen und mehrere Firmen vor dem vatikanischen Gericht.

Unter ihnen ist auch ein Kardinal und ehemaliger enger Vertrauter von Papst Franziskus. Die Justiz hat insgesamt neun Männer und eine Frau aus Kirchen- und Laienämtern des Staatssekretariats sowie hochrangige Mitarbeiter der vatikanischen Finanzinformationsbehörde und Personen aus der internationalen Finanzwelt vorgeladen.

Hintergrund ist ein missglückter Immobiliendeal im Londoner Stadtteil Chelsea, der in den Jahren 2018 und 2019 über die Bühne ging. Wie in einem langen Bericht des Medienportals "Vatican News" zu lesen war, war dem Staatssekretariat, der wichtigsten Behörde im Vatikan, damals offenbar nicht klar, dass Beteiligte an dem Deal in die eigene Tasche wirtschafteten.

Der Investmentbanker Gianluigi Torzi etwa schaffte es dem Bericht zufolge, sich Anteile an der Immobilie zu sichern, mit denen er Stimmrechte hatte. Die Anteile des Vatikans hatten das jedoch nicht und damit verlor der katholische Kirchenstaat die Kontrolle über die Immobilie. Der Vatikan musste schließlich für 23 Millionen Euro die Anteile zurückkaufen. Auch zwischen anderen Beteiligten flossen im Zusammenhang mit dem Immobiliengeschäft Gelder, wie es weiter hieß.

Unter den nun Vorgeladenen ist unter anderem Kardinal Giovanni Angelo Becciu. Gegen ihn besteht der Verdacht der Veruntreuung und des Amtsmissbrauchs. Papst Franziskus hatte den 73-Jährigen Ende September des vergangenen Jahres aus seinen Ämtern entlassen. Becciu bestreitet die Vorwürfe.

Seit dem Juli 2019 ermittelten mehrere Behörden des Vatikans und Italiens in der Sache. Begonnen hatte alles mit einer Anzeige der Vatikanbank. Damals war von Unregelmäßigkeiten bei der finanziellen Beteiligung einer Immobilie in London die Rede. Dem Heiligen Stuhl zufolge kam dadurch ein weit verstricktes Netz an Personen zum Vorschein, die dem katholischen Kirchenstaat spürbare Verluste durch ihr Handeln einbrachten.

Auch aus dem Peterspfennig, der einmal jährlich weltweit gesammelten Kollekte für den Vatikan, soll dafür Geld entnommen worden sein.