Verhandlung am Kassationsgerichtshof Rom über Entschädigungen für SS-Massaker von Distomo

Verhandlung am Kassationsgerichtshof Rom über Entschädigungen für SS-Massaker von Distomo

Am Mittwoch, den 25. Juni hat der Kassationsgerichtshof in Rom indirekt über Entschädigungsforderungen gegen den deutschen Staat für das Massaker im griechischen Distomo verhandelt. Konkret ging es um die Rechtmäßigkeit von Pfändung von Forderungen der Deutschen Bahn an die italienische Bahn. In Distomo haben SS-Männer am 10. Juni 1944 218 Menschen aus der Zivilbevölkerung ermordet, darunter auch Kinder. Die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer haben bis heute keine Entschädigung vom deutschen Staat erhalten, obwohl das Landgericht Livadia diesen 1997 zur Zahlung von 28 Millionen Euro plus Zinsen verurteilt hatte. Aufgrund politischen Drucks auf das wirtschaftlich schwache Griechenland verhinderte die deutsche Regierung daraufhin mithilfe des damaligen Außenministers Fischer die Vollstreckung des Urteils. Allerdings bleibt die Vollstreckung in einem anderen Staat möglich. Insbesondere italienische Gerichte haben sich trotz vielfacher deutscher Widerstände bis zur höchsten Instanz dafür als offen erwiesen, weswegen nicht nur italienische, sondern auch griechische Angehörige von NS-Massakeropfern und Zwangsarbeit wiederholt an sie gewandt haben. Die Pfändung deutschen Eigentums in Italien soll einen Ausweg zur Eintreibung der Entschädiungszahlungen bieten, da Deutschland die direkte Zahlung weiterhin verweigert. Gegen das Urteil eines römischen Gerichts, das die Pfändung der Bahnforderungen bereits für rechtmäßig erklärt hatte, hatte die Deutsche Bahn jedoch Berufung eingelegt. Bei der Berufungsverhandlung am 25. Juni in Rom hat die Generalstaatsanwaltschaft dafür plädiert, die Berufung abzulehnen. Das Urteil wird allerdings erst in einigen Wochen erwartet. „Dies ist ein Präzedenzfall“, so der Anwalt der Opferangehörigen, Joachim Lau gegenüber italienischen Medien, „es sind weitere Verfahren anhängig, aber es ist schwierig, deutsche Eigentum in Italien zu identifizieren und eine der Möglichkeiten ist die Deutsche Bahn, denn laut der deutschen Verfassung ist die Bahn Teil des Besitzes der Bundesrepublik.“ Bei der Verhandlung war auch der Bürgermeister der von dem Massaker betroffenen Gemeinde Distomo-Arachova-Andikyra anwesend. Er erklärte im Vorfeld: „Für die Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde, für die Überlebenden des Massakers und die Angehörigen der bei dem SS-Massaker vom 10. Juni 1944 Ermordeten ist es verletzend und enttäuschend, dass Deutschland sich 75 Jahre nach dem furchtbaren Verbrechen immer noch mit allen rechtlichen Mitteln dagegen wehrt, die vor 22 Jahren von dem Landgericht Livadia ausgeurteilte Entschädigungssumme zu zahlen. Unsere Bürgerinnen und Bürger hoffen, dass mit der jetzt anstehenden Entscheidung des Kassationshofes ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Durchsetzung der Entschädigungen gegangen werden kann.“