Solidarisches Grußwort zur Razzia bei RDL: von Esther Dischereit (Autorin, Berlin)

von Esther Dischereit (Autorin, Berlin)

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Esther Dischereit vor der Eingangstür von Radio Dreyeckland
Anlässlich ihrer Lesung zum Anschlag in Halle kam Esther Dischereit 2022 nach Freiburg
Quelle: 
privat: Jenny Warnecke

Liebe Leute von Radio Dreyeckland,
ich möchte meiner Empörung Ausdruck verleihen!

Ich habe mit Radio Dreyeckland verschiedentlich zusammenarbeiten
dürfen.
Ich schätze die journalistische Sorgfalt und insbesondere die besondere Wachsamkeit gegenüber vulnerablen Gruppen der Gesellschaft.

Radio Dreyeckland füllt eine wichtige Position aus, ist eine kritische Stimme der
Zivilgesellschaft und legt besonderen Wert darauf, die Akteur: innen,
Betroffenen, Zeug: innen selbst zu Wort kommen zu lassen - unzensiert,
und oft mit einer dankenswerten Vollständigkeit.

Eine wichtige unabhängige Stimme, ein unwahrscheinliches Engagement für
das freie Wort. Diesen Sender zu kriminalisieren, ist nicht nur unanständig, sondern ein regelrechter Schlag gegen die Zivilgesellschaft. Was soll dieser Versuch, die Integrität
derjenigen beschädigen zu wollen, die im wahrsten Sinne des Wortes für
Meinungs- und Pressevielfalt einstehen.

Sollten wir nicht nur "Klima-Terroristen" sondern auch "Wort-Terroristen" unter uns wähnen? So wie es inakteptabel und völlig überzogen ist, eine Protestbewegung in die Nähe von Staatsverbrecher:innen zu rücken, so impertinent ist auch der Versuch
die Medienmacher: innen zu kriminalisieren. Offenbar gibt es gesellschaftliche Kräfte, die diese sich selbständig organiserenden Bewegungen gerne loswerden und zurück wollen in die Zeiten, in denen Staatsanwaltschaften bestimmten, was in Redaktionen
nicht gesagt werden kann. Und – in denen der Hauptfeind auf der Linken
verortet wurde. Ich bin empört und will Euch gerne unterstützen.
 

Dieser Text wurde am 18.01.2023 auf der Kundgebung am Platz der Alten Synagoge verlesen.

Esther Dischereit bei RDL (Auswahl)

Esther Dischereit ist eine deutsch-jüdische Autorin aus Berlin. Bereits 2011 hat sie zusammen mit dem Musiker Ray Kaczynski das akustische Mahnmal zur Judenvernichtung in der Stadt Dülmen in Freiburg vorgestellt mit dem Titel "Vor den hohen Feiertagen gab es ein Flüstern und ein Rascheln im Haus" (AvivA 2009). Bei der RDL-Plakataktion mit Projektionen am Platz der Alten Synagoge mit den "Kritischen Fragen zum NSU" von beate maria wörz im Jahr 2015 hat Dischereit sich in Freiburg öffentlich gegen den NSU positioniert. Sowie bei der Podiumsdiskussion "Strukturelles Versagen im NSU-Komplex" mit Heike Kleffner und Antonia von der Behrens im Jos Fritz Café. 2016 kam sie mit ihrem Text "Blumen für Otello - Über die Verbrechen von Jena" zusammen mit İpek İpekçioğlu in den Peterhofkeller in Freiburg. Im August 2020 gab es bei Radio Dreyeckland eine Sendung Dischereits über die Essaysammlung "Mama, darf ich das Deutschlandlied singen" - Politische Texte (Mandelbaum Juni 2020).
Zuletzt hat Esther Dischereit 16.03.2022 ihre Publikation "Hab keine Angst, erzähl alles!" Die Stimmen der Überlebenden vom Anschlag in Halle zusammen mit der Anschlagüberlebenden Mollie Sharfman im Theater Freiburg vorgestellt. Dabei hat Esther Dischereit einen Solidaritätsaufruf für die Kombattanten zum Ukraine-Krieg verlesen und anschließend bei RDL nochmal eingelesen.

Esther Dischereit im Studio 2 von Radio Dreyeckland
Aufruf: Spendet für die Ukraine
Esther Dischereit und Mollie Sharfman an der Bücher-Telefonzelle beim Theater Freiburg
Esther Dischereit und Mollie Sharfman: Wild plakatiert nach der Lesung zum Anschlag in Halle