Die Bergbauunternehmen zahlen die Steuern nicht vor Ort: "Wir sind eine der reichsten Regionen der Welt und trotzdem ist das Sozialsystem lausig"

"Wir sind eine der reichsten Regionen der Welt und trotzdem ist das Sozialsystem lausig"

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 Sapmi: Lappland - eine weitläufige Landschaft mit viel Wasser und Wolken
Sápmi: Lappland gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Dennochs soll ganz in der Nähe nach Eisenerz gebohrt werden, was die Landschaft zerstören könnte
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Quelle: 
Mg-k via Wikimedia

"Geben Sie meine Meinung als Anwohner*in der Region wieder", schreibt mir ein Mensch anonym aus dem schwedisch okkupierten Sápmi, dem angestammten land der Indigenen Sámi:

"Ich denke nicht, dass wir hier weitere Minen eröffnen sollten. Wir haben keine Arbeitslosigkeit, wir liefern pro Kopf enorme Mengen an Geld in die Staatskasse. Hier gibt es keinen Wohnraum, eine miserable Gesundheitsversorgung, schlechte Straßen, die für den Schwerlastverkehr gefährlich sind. Das alles ist für die anderen da, nicht für uns. Pro Kopf wäre Kiruna eines der reichsten Regionen der Welt mit einem BPR von über 1 Million SEK pro Person, verglichen mit der Region um Luleå mit  oder Gesamtschweden mit durchschnittlich 487 Tausend SEK pro Person. Trotzdem ist unser Sozialsystem lausig. Die Bergbauunternehmen zahlen die Steuern nicht vor Ort, wo sie Probleme aller Art verursachen, sondern an den Staat, der das Geld dann sehr ungerecht verteilt. Dann sitzen die Manager des Bergbauunternehmens in einer anderen Stadt und investieren schamlos das, was unser regionales Kapital sein sollte, in Sportmannschaften in der Nachbarstadt. Ich glaube nicht, dass die Antwort auf das Klima darin besteht, den Boden aufzubrechen. Das ist eine Sackgasse und hier ein Kolonialismus, bei dem die Eigentumsverhältnisse nicht wiederhergestellt wurden.

Sie wissen, dass unsere Vorfahren ihre Gesundheit und manchmal auch ihr Leben in den Minen gelassen haben. Und es ist zu spüren, wenn Menschen anderswo uns verleugnen und aus unserem Reichtum ihr Vergnügen ziehen. Nackter brutaler Kolonialismus zeigt sein hässliches Gesicht.

Seitdem hat der Staat sorgfältig darauf geachtet, dass in dieser reichsten Region Schwedens kein Regionalkapital entsteht. Reich an Wasserkraft, Wald und Erzen. Stellen Sie sich eine tausend Milliarden schwere Industrie vor, die seit 150 Jahren kein regionales Kapital in den Städten geschaffen hat.
In der reichsten Gemeinde Schwedens, Jokmokk, wurden in einem riesigen Fluss Kraftwerke gebaut, deren Kapazität ausreicht, um in jedem schwedischen Haus das Licht zu entzünden. Trotzdem ist die Gemeinde praktisch bankrott, und eine wichtige Quelle für Eiweiß und regionales Kapital ist mehr oder weniger verschwunden. Sie haben sich das Wasser und den Wald genommen. Dann haben sie aus dem letzten Teil Parks gemacht, in denen die meisten Indigenen zu Kriminellen werden, wenn sie fischen und jagen. Und das in einem Land, das sich als humane Demokratie aufspielt und die Abholzung im Amazonasgebiet kritisiert usw. Die arbeitslosen Bewohner*innen von Jokkmokk wollen nun den gleichen Weg einschlagen, indem sie eine schmutzige Mine zulassen und glauben, dass dies ihre Probleme lösen wird."

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Stefan Mikkaelsson ist langjähriges Mitglied der Plenarversammlung des samischen Parlaments in Schweden und derzeit auch stellvertretender Vorsitzender des Vorstands. Obwohl der Name etwas Anderes vermuteln läßt, ist das Sámi Parlament eine NGO und unabhängig vom Staatsapparat: Sie dürfen zwar autonom arbeiten, haben aber als Indigene Vertretung in der schwedischen Politik nichts zu sagen. Sie sind natürlich trotzdem im ständigen Austausch mit der Regierung. Wir sprachen mit ihm über Bergbau, Kolonialismus und Rassismus:12:59