"Nach mehr als zwei Jahren Auslieferungsverfahren vor britischen Gerichten ist das Schicksal von Julian Assange erneut zu einer politischen Entscheidung des britischen Innenministeriums geworden – jenes Ministeriums, das bereits 2019 dem Auslieferungsantrag grundsätzlich stattgegeben hatte. Die Verteidigung von Julian Assange muß heute eine Stellungnahme und weitere Gründe gegen die drohende Überstellung des Wikileaks-Gründers vorbringen. Dann, ab dem 18. Mai, liegt die Entscheidung allein in den Händen der britischen Innenministerin Priti Patel, die US-Auslieferung zu genehmigen oder abzulehnen.
Reporter ohne Grenzen (RSF) bittet jetzt alle Assange-Unterstützer*innen weltweit, sich in diesen entscheidenden letzten Tagen gegen die Auslieferung auszusprechen.
Die Auslieferung und strafrechtliche Verfolgung von Julian Assange würde einen gefährlichen Präzedenzfall für Journalismus und Pressefreiheit weltweit schaffen. Assange wäre der erste Medienschaffende, der auf Grundlage des US-Spionagegesetzes verfolgt würde. Sein Fall könnte künftig dazu führen, dass auch andere Hinweisgeber*innen, Whistleblower, investigative Journalist*innen, Verleger*innen und Quellen davor zurückschrecken, Informationen von öffentlichem Interesse ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. In den USA droht Julian Assange im Zusammenhang mit der Veröffentlichung geheimer militärischer und diplomatischer Dokumente durch Wikileaks im Jahr 2010 eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren.
Assange sitzt seit mehr als drei Jahren in Untersuchungshaft im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Sein geistiger und körperlicher Gesundheitszustand ist mittlerweile stark gefährdet. Schon im Oktober 2021 erlitt er einen leichten Schlaganfall, als der britische High Court über seinen Fall verhandelte. Im Falle einer Auslieferung würden sich die erheblichen Risiken für seine psychische Gesundheit verschärfen. Kurz: Assanges Leben ist in Gefahr, wenn er an die USA ausgeliefert wird!
Obwohl das Verfahren gegen Assange durch die US-Regierung angestrengt wurde, ist es auch ein Versäumnis der britischen Regierung, die Pressefreiheit und den investigativen Journalismus nicht ausreichend zu schützen. Reporter ohne Grenzen fordert das britische Innenministerium auf, die US-Auslieferung abzulehnen und ohne weiter zu zögern für die Freilassung von Julian Assange einzutreten!"