Martialisches Polizeiaufgebot gegen Demonstrierende in St. Louis (USA): Andauernde Proteste gegen Freispruch eines Polizisten

Andauernde Proteste gegen Freispruch eines Polizisten

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Blockade einer Kreuzung in St. Louis
Blockade einer Kreuzung in St. Louis
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submedia.tv

Gegen den Freispruch eines Polizisten protestieren seit vier Tagen tausende Menschen auf den Straßen von St. Louis. Am Sonntag den 17.9.2017 kam es dabei zu 80 Festnahmen und einem Großaufgebot der Polizei. Dem Polizist wurde zur Last gelegt einen fliehenden Verdächtigen mit fünf Schüssen ermordet zu haben.

Ein Bericht zur Situation, den Protesten und den Hintergründen des Freispruchs.


Skript:

Seit Freitag, den 15. September, gehen tausende Menschen in St. Louis in der USA auf die Straße. Mit den seither andauernden Protesten, bei dem es am Sonntag zu 80 Festnahmen durch die Polizei kam, wird gegen den Freispruch des Polizisten Jason Stockley demonstriert.

Dieser hatte 2011 nach einer Verfolgungsjagd den 24 Jahre alten Afro-Amerikaner Anthony Lamar Smith mit fünf Schüssen ermordet. Smith wurde Verfolgt, weil die Polizeistreife vermutet hatte ihn gerade beim Drogen dealen gesehen zu haben. Der Polizist Stockley behauptete vor Gericht, das Smith eine Waffe gehalten hätte und er sich bedroht gefühlt habe, die Anklage sagt aber er habe die angeblich gefundene Waffe selber im Nachhinein ins Auto gelegt.

Stockley hatte im Einsatz zusätzlich zu seiner Dienstwaffe eine private AK-47 dabei, deren Mitnahme im Dienst ihm verboten war. Während der Verfolgungsjagd ist eine Minute vor den Tödlichen Schüssen auf dem Film von der Autokamera zu hören wie er sagt „[I‘m] going to kill this motherfucker, don’t you know it”. Auf der Waffe, welche im Auto des Opfers gefunden wurde, war lediglich DNA des Polizisten nachweisbar gewesen.

Als Folge der Ereignisse in 2011 hätte er eine lebenslange Freiheitsstrafe bekommen können. 2013 verließ er die Polizei nachdem er  wegen des Mitführens seiner eigenen AK-47 suspendiert wurde. Das Gericht, in dem auf Wunsch von Stockley keine Geschworenen, sondern ein Richter das Urteil fällten, hat den 36 Jährigen Polizist nun am 15. September Freigesprochen. In den wenigen Fällen in denen Polizisten in der USA bisher wegen Mord angeklagt wurden sind bisher noch weniger verurteilt worden, weswegen diese Entscheidung des Richters für viele Menschen keine Überraschung ist.

Schon vor der Verurteilung hatten Aktivist*innen im Falle eines Freispruchs Proteste und zivilen Ungehorsam angekündigt, so unter anderem auch, das sie versuchen würden Autobahnen zu blockieren. Die Polizei reagierte mit einem massiven Aufgebot und verschiedenen Maßnahmen. So wurden Barrikaden um Polizei, Gerichtshaus und anderen wichtigen Orten eingerichtet und eine „Freie Meinungsäußerungszone“ für kontrollierbare Protestaktionen geschaffen. In den vergangenen Jahren, so auch nach den Vorfällen in Ferguson, gab es in St. Louis schon mehrere Demonstrationen in Folge von Polizeiübergriffen auf Afro-Amerikanische Bürger*innen.

Die Proteste welche am Freitag begangen waren bis zu den Festnahmen am Sonntag friedlich geblieben. Am Sonntag selber begann eine Demonstration beim Polizeihauptquartier welche sich dann durch die Stadt bewegte.
Die Polizei hatte mehrere hundert Polizisten mobilisiert um die Proteste zu begleiten. Laut Polizeiangaben kam es nach Einbruch der Nacht zu Steinwürfen und Vandalismus und die Demonstrierenden wollten sich angeblich nach Aufforderung der Polizei nicht auflösen.

Angaben von Aktivist*innen zufolge wurden viele Menschen verhaftet welche mitgelaufen waren und den Befehlen der Polizei befolgt waren, so auch Menschen welche vom Rande aus gefilmt haben und ein Reporter. Die Polizei habe, so die Aktivist*innen, die Demonstration eingekreist, weswegen die Demonstrierenden nicht hätten gehen können.

Nachdem die Polizei in voll gerüsteter Montur die Straße von Protestierenden und Schaulustigen geräumt hatte, haben sich die Polizist*innen versammelt und eine Demoparole übernommen, sie reifen: „Whose streets? Our Streets!“.  Im inhaltlichen Einklang mit dem Ruf von „Wessen Straße, unsere Straße“ sprach der Polizeichef am nächsten Tag von einem Erfolgreichen Einsatz in dem die Polizei die Sicherheit der Stadt garantiert hätte und sie volle Kontrolle behalten hätte.
Das vorgehen rief jedoch auch breite Kritik hervor, unter anderem auch von Polizisten. Sie kritisierten unter anderem, das Polizistin unabhängig von persönlichen Einstellungen handeln sollen und Sprechchöre dieser Art inakzeptabel sein. Das militärische Aufgebot, so die Stadrätin Cara Spencer, und die martialische Sprache sein erschreckende Bilder.

Die verhafteten Protestierenden sollen nun vor Gericht mit der „vollen Härte des Gesetzes“, so ein Polizeisprecher, bestraft werden. Dem entgegnen die Aktivist*innen jedoch mit der simplen Forderung: „Ihr müsst aufhören, uns zu töten.“ Ihre Taktik: Als Reaktion die Wirtschaft in St. Louis lahmzulegen.
Erste Erfolge hat die Protestbewegung schon erzielt: Ein Konzert von U2 ist abgesagt worden, Öffnungszeiten wurden gekürzt und Hotelbuchungen und Restaurantbetrieb gehen zurück. Gestern Nacht am Montag den 18 September gingen die Proteste wieder friedlich weiter, trotz den Verhaftungen und dem Polizeivorgehen der Vornacht.