Cafe Cannes - Cannes Blog Tag 3 - Dossier 7

Cafe Cannes - Cannes Blog Tag 3 - Dossier 7

img_4676_take.jpg

img_4676_take
img_4676_take
Lizenz: 
Keine (all rights reserved)

Alexander Sancho-Rauschel live aus Cannes

 

 Genug der Kunst fuer heute – jetzt wird es hoechste Zeit fuer das wahre, pralle Leben – sprich: triviale Filmkost!
Es gibt Geruechte ueber einen neuen Zombiefilm…Aber zuerst lande ich in einer herzerfrischenden kanadischen Krimi-Komoedie, dem erfolgreichsten kanadischen Film aller Zeiten, heisst es jedenfalls im Katalog. 

Fathers and Guns“, Regie: Emile Gaudreault, 107 Minuten.

Der in Quebec (in einem ueberaus skurrilen Franzoesisch) gedrehte Film erzaehlt mit viel Witz die Geschichte eines jungen Polizisten, der so seine Probleme mit dem groben, machohaften Chef seiner Einheit hat.

Was als typischer Cop-Thriller auf der Jagd nach dem organisierten Verbrechen beginnt, verwandelt sich bald in eine witzige Therapie-Parodie: Der dicke, gut verdienende Anwalt der boesen Unterwelt hat Probleme mit seinem eigenen, gerade so erwachsenen Sohn (schon wieder Vaeter und Soehne, wie schon zuvor in dem chinesischen Wettbewerbsfilm offenbar das Thema des Tages – jedenfalls fuer mich und meine heutige Filmauswahl…). Die resolute Mutter besteht auf einer Vater-Sohn-Therapie und bucht fuer die Zwei einen Adventure-Vaeter-und-Soehne-Therapie-Urlaub in der Wildnis. Unsere Cops wittern die Chance, dort in der Einsamkeit an den Anwalt, der natuerlich ueber alle finsteren Geschaefte der Bande Bescheid weiss, ranzukommen, und melden sich ebenfalls an.

Und das passt ganz gut, denn der junge, etwas schuechterne Polizist und sein aelterer, grossmaeuliger Vorgesetzter, sie geben ein gutes Vater-Sohn-Paar ab, keiner schoepft Verdacht, und viele der Konflikte, die der mitreisende Maennertherapeut mit seinen diversen Schuetzlingen waehrend der Selbstfindungsreise bespricht, treffen durchaus auch auf die zwei Arbeitskollegen zu… Der Film flimmert geschickt und unterhaltsam zwischen Krimi-Parodie und Therapie-Persiflage hin und her, haelt eine Lacher bereit und kann in seinen stillen Momenten, wenn die diverse Vaeter und Soehne unter den Mitreisenden von ihren Konflikten erzaehlen, auch einen gewissen Tiefgang bieten.Keine filmische Offenbarung, aber beste Unterhaltungsware, die auch unsere Hirne nicht voellig zum Abschalten zwingt.

Gute, ueberzeugende Darsteller, dazu in der Originalfassung ein sprachliches Abenteuer fuer alle, die ein wenig Franzoesisch verstehen und zum ersten Mal mit der in Quebec verwendeten Variante dieser Sprache konfrontiert werden (Diese Aussprache…!).

 

 

 

 

 Und Spass-Ereignis Nummer 2 folgte sogleich:Bei dem ueberaus subtilen, nicht zuviel vorab verratenden, leise auftretenden Titel meines naechsten Films erwarte ich eigentlich ein stilles, melancholisches Arthouse-Stueck, das mit wohlkomponierten Bildern, langen, kuenstlerischen Einstellungen zwischen Godard und Wong Kar-Wai und melancholischen Hauptdarstellern sensiblen Zuschauern wie mir neue Erkenntnisse ueber den Sinn des Lebens, die Bedeutung der bildenden Kunst im Leben einsamer Grossstaedter oder zumindest neue aesthetische Erfahrungen durch die formvollendete Montage gegenlaeufiger Bildsequenzen beschert… 

Und muss dann doch zu meiner Ueberraschung feststellen, dass die kleine britische Produktion mit dem unkonventionellen Titel „Zombie Women of Satan“ im Wesentlichen etwas ganz Anderes ist, als ich erwartet hatte:naemlich Trash der wuestesten Sorte!!!

img_4670_take
img_4670_take
 So was, dass man sich als routinierter Kinogaenger doch so taeuschen kann…Nomen est Omen, wer in Zombiefilme geht, bekommt Zombies. „Fair enough“, wie der Ire und die Irin in solchen Faellen sagen…

Der Film ist rasant geschnitten, gar nicht mal sooo schlecht gespielt, die mit Digitalkamera gedrehten Bilder aber sind etwas brav und konventionell, die Geschichte eher muede und holperig erzaehlt und bietet kaum Neuigkeiten fuer die Freunde des Genres und die Freundinnen des Zombiewesens. Ein neuer Romero ist uns in dem Regisseurs-Duo Warren Speed und Steve O’Brien leider nicht geboren worden, das steht fest.

Dennoch: Betrachtet man den kleinen Film mit seinem winzigen Budget als gut gemachte Amateurproduktion, kommt man nicht

img_4673_take
img_4673_take
herum, ihn irgendwie doch zu moegen. Man spuert, dass hier eine begeisterte Crew mit viel Improvisationstalent aus geringen Mitteln viel rausgeholt hat. Allerdings sind manche der Dialoge wirklich hart zu schluckende Brocken, vor allem wenn zu Beginn des Films die Kuenstlertruppe, die auf den einsamen Hof einer irren Familie gelockt wird, noch unter sich ist und, schlimmer, noch Zeit zum Reden hat. Da ist man dann doch froh, wenn die Nachtklub-Artisten bei dem Mad Scientist gelandet sind, der mit dubiosen Elixieren erst die Girlfriends seines sexbesessenen Sohnes und dann die Gaeste in Untote verwandelt. Ein paar von ihnen aber wehren sich tapfer, und auch die Toechter des wahnsinnigen Doktors mit ihrem Waffenarsenal haben es nicht leicht, die Fluechtenden wieder einzufangen…

Wie es ausgeht? Spielt keine Rolle – und wird deshalb hier auch nicht verraten…! 

img_4677_take
img_4677_take
Wer blutende Zombies, Mad Scientists, kreischende Girls in Unterwaesche, Faekal-Humor der schlimmsten britischen Sorte und improvisierte Dialoge ohne Sinn und Verstand mag, der wird hier bestens bedient. Allen anderen duerfte es im Laufe dieser 87 Minuten manchmal etwas zuviel des Trashs werden…Aber immerhin gibt es dann doch immer wieder huebsche Regieeinfaelle wie die Stierkampfeinlagen eines Protagonisten, der mit einem Zombie Torero spielt, der pinkfarbene Zombie-Cocktail und die erfindungsreiche Vielfalt beim Spalten untoter Schaedeldecken mit unkonventionellen Tatwerkzeugen… Auch der kritischste Kommentator aber wurde schliesslich ueberzeugt, als in dem kleinen Kinosaal des Filmmarkt-Bereichs die ganze Truppe leibhaftig auflief.Denn im Gegensatz zu den sonstigen Vorfuehrungen, wo sich ausserhalb der exklusiven Premiere fuer die Festivalprominenz kaum eine/r der FilmemacherInnen blicken laesst, waren sie fast Alle da… Regisseur Warren Speed, diverse der Gejagten
img_4674
img_4674
und vor allem einige der kunstvoll geschminkten Zombie-Damen, und sie waren nicht nur alle sehr nett, sondern verspruehten auch eine so ansteckende Begeisterung darueber, dass ihr Film im (allerdings externen Marktbereich des) Festivals lief, dass ich meine inhaltlichen Einwaende ueber Bord warf und mich mit ihnen freute.(Ich habe schon fast wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich den Film nicht so gut besprochen habe, ehrlich gesagt… deshalb: Guckt ihn euch bitte trotzdem alle an! Danke!Die Truppe hat es verdient, ehrlich!

Ob er bei uns ins Kino kommt, ist ja nicht so wahrscheinlich, aber auf DVD gibt es ihn sicher irgendwann bei einem Spezialversand, so unter der Hand… aber sagt nicht, ich haette euch nicht gewarnt…).

 

 

 

 

 

Alle Fotos: ASR

1. "Zombie Women of Satan"-Regisseur Warren Speed

2. bis 5. Einige der namentlich leider nicht zu ermittelnde Darstellerinnen des Films