Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron wollen ein Gipfeltreffen mit Wladimir Putin. Damit haben sich vergangenen Donnerstag im Europäischen Rat erheblichen Wirbel verursacht. Ihr Vorschlag landete in letzter Minute auf dem Tisch der Regierungschefs und legte sogleich die Bruchlinien Europas offen, wenn es um Russland geht.
Merkel warb für den Vorstoß, wie sie es zuvor schon in ihrer Regierungserklärung im Bundestag getan hatte. Man müsse „Gesprächsformate herstellen“, denn Konflikte könne man am besten lösen, wenn man miteinander spreche. Das habe der amerikanische Präsident gerade gezeigt. Macron forderte einen „Dialog, um unsere Interessen als Europäer mit Nachdruck zu verteidigen“. Das sei für die „Stabilität des Kontinents“ notwendig.
Die Gegenposition formulierte am klarsten der lettische Ministerpräsident Arturs Krisjanis Karins: „Russland annektiert die Krim, Russland führt Krieg im Donbass. Und Europa zuckt mit den Schultern und versucht weiter, von Dialog zu reden.“ Der Kreml fasse solche „kostenlosen Zugeständnisse“ nicht als Zeichen der Stärke auf, weil er selbst Machtpolitik betreibe. „Ich bin natürlich für Dialog“, fügte Karins dazu, „doch muss Russland dafür auch einen Preis zahlen.“ Sollte heißen: Ein Gipfeltreffen mit Putin kann es erst geben, wenn der seine Politik geändert hat. Auch die Vertreter der anderen beiden baltischen Staaten, die alle eine direkte Grenze mit Russland haben, zeigten sich alarmiert.
Wegen der russischen Annexion der Krim und des Krieges im Donbass hatten die Staat- und Regierungschef*innen 2014 beschlossen, alle ranghohen Treffen mit Russland einzustellen. Russland wurde auch vom Treffen der wichtigsten westlichen Industriestaaten ausgeschlossen – aus G8 wurde so G7; bis heute.